Vielleicht schon ab Ende Februar wird das Schachtgerüst Haus Aden 2 aus dem Stadtbild verschwinden. Hier hat es die RAG eilig, denn bekanntlich soll auf dem Fundament des Förderturms die neue Wasserhaltung für das östliche Revier gesetzt werden.
Den Weg dazu hat am Donnerstag der Bergkamener Stadtrat frei gemacht. Lediglich die Fraktionen DIE LINKE und BergAUF sprachen sich für den Erhalt des Förderturms aus, entweder an gleicher Stelle oder versetzt an einem anderen Standort. Für die SPD, die Grünen und FDP ist der Preis dafür, rund 3 Mio. Euro plus die weiteren Unterhaltungskosten zu hoch. Bezahlen müsste dies die Stadt Bergkamen aus eigener Kasse. Die CDU enthielt sich der Stimme. Vorher hatte sie noch versucht, die Entscheidung per Antrag um einen Monat auf die nächste Ratssitzung am 18. März zu verschieben. Doch diese Bedenkzeit passte offensichtlich nicht in den Zeitplan der RAG.
Nach der intensiven und teilweise sehr emotional geführte Diskussion und nach der Entscheidung des Stadtrats unterbrach Bürgermeister Bernd Schäfer die Sitzung, um so dem Sprecher des REVAG-Geschichtskreises Haus Aden/Grimberg 3/4 Volker Wagner Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben. Er zeigte sich vom Ratsbeschluss „bitter enttäuscht“. Jetzt werde eine das Stadtbild bestimmende Landmarke verschwinden. Es sei auch ein Symbol für die Geschichte der Stadt Bergkamen.
Ausführlich hat die Verwaltung die Gründe aufgeführt, die für und die gegen den Erhalt des Förderturms sprechen. Dabei listet sie auf, was auch in Zukunft in Bergkamen an die Bergbaugeschichte erinnern wird. Dabei hat sie allerdings ein Bauwerk vergessen: das Denkmal auf dem Waldfriedhof in Weddinghofen für die 405 Todesopfer des großen Grubenunglücks auf Grimberg 3/4. Diese Katastrophe jährt sich am Samstag, 20. Februar, zu 75. Mal. Eigentlich hätte es wie alle fünf Jahr auch morgen eine große Gedenkveranstaltung geben sollen, doch auch das macht die Pandemie unmöglich.
Hier nun die Stellungnahme der Stadtverwaltung:
Der Geschichtskreis Haus Aden / Grimberg 3/4 und weitere Unterstützer wünschen den Erhalt des Schachtgerüsts Haus Aden 2. Es handele sich um eine stadtbildprägende Landmarke, die Teil der Erinnerungskultur an die bergbauliche Vergangenheit der Stadt Bergkamen sein könne. Die Verwaltung hat daher unter Einschaltung externer Gutachter unterschiedliche Szenarien zum Erhalt untersucht.
1. Erhalt am heutigen Standort
Die RAG plant am Standort in der entstehenden Wasserstadt Aden ein Maschinenhaus, in dem sich eine Brunnenanlage mit Hebeeinrichtung für die Pumpen und Rohrleitungen befinden wird, die zukünftig den Grubenwasserspiegel des östlichen Ruhrgebiets reguliert. Als eine von sechs aktiven Wasserhaltungen erfüllt die Anlage damit dauerhaft eine zentrale Funktion bei der notwendigen Bewältigung der Bergbaufolgen für den Wasserhaushalt im gesamten Ruhrgebiet. Bei der RAG als Eigentümerin und Nutzungsberechtigte am Standort wurde daher der Wunsch vorgetragen, den Förderturm zu erhalten und in das Umbaukonzept zur Grubenwasserhaltung einzubinden.
Diesen Vorschlag hat die RAG negativ beschieden. Der Erhalt des Schachtgerüsts sei mit diesen Planungen nicht vereinbar. Das Maschinenhaus passe nicht unter die vorhandene Konstruktion. Es solle auf dem Fundament des zurückgebauten Schachtgerüsts errichtet werden, um die enorme Gesamtlast der Hebetechnik sowie der drei eingehängten Rohrleitungen von jeweils 500 Tonnen in den Baugrund abzuleiten. In diesem Fall sei die Statik der verbleibenden Stahlkonstruktion nicht länger gewährleistet. Das Gerüst müsse völlig umgestaltet werden. Das Aussehen würde sich grundlegend ändern, die Gesamterscheinung entstellt.
Als Alternative käme eine Translozierung an einen anderen Standort infrage.
2. Translozierung (Anm.: Versetzung) an einen anderen Standort
Als Voraussetzung dazu benennt die RAG folgende Bedingungen:
Die RAG bleibt nicht länger Eigentümerin des Fördergerüsts.
Der neue Eigentümer übernimmt die Kosten für den Umzug des Gerüsts sowie alle notwendigen bauseitigen Verpflichtungen.
Der neue Eigentümer übernimmt alle rechtlichen Verpflichtungen.
Die Verwaltung hat daraufhin die Translozierung an einen anderen Standort geprüft.
Um dem Fördergerüst die Sinnhaftigkeit nicht komplett zu entziehen, käme nur ein Standort in unmittelbarer Umgebung in Betracht.
Daher wurde zunächst die Versetzung auf dem RAG-Grundstück geprüft. Das Grundstück wird in Gänze für die Durchführung zwingend erforderlicher Arbeiten am Standort benötigt. Einschränkungen will die RAG insbesondere aus Erwägungen der Arbeitssicherheit nicht hinnehmen. Aus diesen Gründen scheidet eine Versetzung innerhalb der für die zentrale Wasserhaltung Haus Aden vorgesehenen Fläche aus.
Östlich angrenzend stehen im Bereich der heutigen Trafostation potenziell geeignete Flächen zur Verfügung. Diese sind im Bebauungsplan Nr. OA 120 „Wasserstadt Aden“ als Gewerbegebiet festgesetzt und werden über den Adenboulevard erschlossen. Diese Flächen werden im Rahmen der Baureifmachung für die Wasserstadt Aden als tragfähige Bauflächen aufbereitet und könnten die erforderlichen Massen mit geringfügiger Ertüchtigung aufnehmen. Die RAG Montan Immobilien GmbH als Eigentümerin dieser Grundstücke kann sich eine Versetzung des Fördergerüsts dorthin grundsätzlich vorstellen. Voraussetzung sind der Erwerb der Flächen in einer Größe von rd. 4.000 qm, keine Beeinträchtigung der umliegenden Grundstücke (z.B. Abstandsflächen) und die jederzeitige Erreichbarkeit des Wasserhaltungsstandortes.
Eine Versetzung auf die Fläche des westlich anschließenden Adenparks kommt aufgrund der Tragfähigkeit des Untergrunds nicht in Frage.
Seitens der Verwaltung wurde daher eine Machbarkeitsstudie zur Umsetzung des Fördergerüsts an das mit bergbaulichen Hochbauanlagen vertraute Architekturbüro Dipl.-Ing. Heinrich Böll (Essen) in Auftrag gegeben. Aufgrund spezieller statischer Fragestellungen wurden Ripkens Wiesenkämper Beratende Ingenieure eingebunden. Das Ergebnis liegt seit Ende Januar vor. Den Fraktionen wurden das Gutachten in Gänze zur Verfügung gestellt.
Demnach ist die Versetzung des Doppelstreben-Fördergerüstes „Schacht Aden 2“ technisch möglich. Der Gutachter hat dazu drei technische Varianten geprüft. In Konzeption 1 wird ein Versetzen in Teilen jeweils kleiner 50 Tonnen vorgeschlagen, in Konzeption 2 in größeren Teilen und in der Konzeption 3 im Ganzen.
Die Konzeption 1 sei aus wirtschaftlichen Gründen zu favorisieren. Auch zeitliche Gründe sprächen dafür, da geeignete Kräne, welche die großen Lasten nach den Varianten 2 und 3 tragen können, langfristig ausgebucht seien.
Die Sanierung und Umsetzung kalkuliert der Gutachter mit rd. 2,1 Mio. €. Dazu kommen weitere Kosten für den Erwerb des Grundstücks und für eine Zwischenlagerung. Der Gutachter legt anhand der notwendigen Genehmigungsverfahren im Bergrecht dar, dass eine kurzfristige Versetzung auf das angedachte Grundstück nicht möglich sein wird. Auch die Baureifmachung dieser Flächen ist noch nicht erfolgt. Im Ergebnis ist eine Zwischenlagerung der demontierten Teile erforderlich.
Die Verwaltung rechnet daher mit Kosten von ca. 3 Mio. €, die sich wie folgt aufteilen:
Versetzung, Sanierung 2,1 Mio. Euro
Grundstück 200.000 – 300.000 Euro
Zwischenlagerung 300.000 Euro
Einfriedigung, Beleuchtung, Beschilderung 100.000 Euro
10 % Sicherheitszuschlag 300.000 Euro
Summe ca. 3.000.000
Hinzu kommen Kosten für die dauerhafte Unterhaltung, Wartung und den Betrieb bei Führungen, Veranstaltungen usw.
Angesichts dieser immensen Kostendimension rät die Verwaltung von der Versetzung des Fördergerüsts in kommunaler Baulastträgerschaft ab.
Der Ratsbeschluss ist zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich, da die RAG mit der bereits vorliegenden bergrechtlichen Genehmigung den Rückbau jederzeit einleiten kann und will. Nach Zeitplan der RAG könnte der Rückbau Ende Februar beginnen. Die Entscheidung sollte zudem kurzfristig erfolgen, da ansonsten durch diese Maßnahme zwei Großbaustellen Wasserstadt Aden und Bau der Grubenwasserleitung auf engstem Raum beeinträchtigt bzw. verzögert werden könnten. Dies wäre mit zusätzlichen Restriktionen für die bauausführende „ARGE Wasserstadt“ mit der Folge von Kostensteigerungen verbunden. Auch hinsichtlich der weiteren Planungen zum nationalen Städtebauprojekt ist die Entscheidung jetzt herbeizuführen, da bereits Fördermittel beim Bund für 2021 für dieses Projekt eingeplant sind und verloren gehen könnten.
Natürlich soll in der ehemals größten Bergbaustadt die Erinnerung an die bergbauliche Vergangenheit auch in Zukunft eine Rolle spielen. Haus Aden ist einer der sechs zentralen Wasserhaltungsstandorte – als Teil der so genannten „Ewigkeitsaufgabe“ der RAG. Daher besteht die Chance, dieses neue Kapitel des Bergbaus auch als Symbol zu begreifen und als neuen architektonischen Identifikationsort zu gestalten. Der Rat hat daher in seiner Sitzung am 19.02.2020 diese Maßnahme beschlossen und die Verwaltung beauftragt, diese Idee als Projekt des Nationalen Städtebaus anzumelden und eine Förderung zu beantragen. Das Bergkamener Projekt wurde aus 98 angemeldeten Maßnahmen ausgewählt und in die Förderung aufgenommen. Bergkamen kann damit erstmals ein Projekt des Nationalen Städtebaus umsetzen. Mit der Wasserstadt Aden entsteht ein innovatives Wohn- und Arbeitsquartier, das bereits heute nationale und internationale Aufmerksamkeit erzeugt. Mit diesem Zukunftsprojekt sind hohe Qualitätsstandards an Städtebau und Baukultur eingeführt. Die Architektur des Hebewerks soll an diesen Qualitätsanspruch anknüpfen.
Die RAG hat dabei ihre Mitwirkung bereits bestätigt. Die ersten weiterführenden Gespräche haben stattgefunden.
Neben der Transformation in eine neue Zeit in der Wasserstadt Aden sollen in Bergkamen einzigartige Bergbaurelikte als wesentlicher Bestandteil der Erinnerungskultur erhalten bleiben: Am Standort Neu-Monopol kann ein bergbauliches Ensemble in unmittelbarer Innenstadtnähe erhalten werden. Die notwendigen Vorarbeiten für eine Inwertsetzung des Standorts wurden mit dem Integrierten Handlungskonzept „Bergkamen MITTENDRIN“ bereits eingeleitet.
Dritter wichtiger Baustein der Erinnerungskultur ist die museale Präsentation im Stadtmuseum, die im Wesentlichen vom ehrenamtlichen Engagement des Geschichtskreises Haus Aden / Grimberg 3/4 getragen wird.
Mit diesen drei Bausteinen kann die prägende Epoche des Bergbaus in Bergkamen lebendig gehalten und ein neues Kapitel in die Zukunft aufgeschlagen werden.“
Das Schachtgerüst muss bleiben!Für die Lichtkunst ist Geld da,aber ein Symbol unserer Stadt unserer Väter und Opas Arbeit,des Ruhrgebiets soll verschwinden???Was können wir noch tun???
Frage mich nur warum sich die RAG nicht an den Kosten beteiligt… zumindest in Höhe der sowieso für die RAG anfallenden Abriss und Entsorgungskosten… denke dann sähe die Rechnung schon wieder ganz anders aus…
Wäre aus meiner Sicht zusätzlich auch noch ein schöner Prestigegewinn für alle Beteiligten…⚒️