Werkstatt protestiert gegen dramatische Einschnitte bei den Schwächsten

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Angebot der Sozialkaufhäuser. Foto: Werkstatt

Sie bereiten Möbel auf und verkaufen sie an Menschen mit geringem Einkommen. Oder sie sammeln Lebensmittel ein und bereiten daraus warme Mahlzeiten für Bedürftige: Menschen, die in Projekten des Jobcenters zur Integration in das Arbeitsleben beschäftigt sind. Vielen dieser wichtigen Angebote droht nun das Aus. Grund sind die tiefgreifenden Sparvorgaben des Bundes für die Jobcenter. Diese treffen in der Konsequenz auch massiv die Beschäftigten bei Bildungseinrichtungen, die mit der Anleitung und pädagogischen Betreuung der ehemals Arbeitslosen betraut sind. Allein bei der Werkstatt rechnet man damit, dass 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im nächsten Jahr von Kündigungen betroffen sind.

„Die Entwicklung ist absolut dramatisch“, sagt Herbert Dörmann, der Geschäftsführer der Werkstatt im Kreis Unna und der Tochtergesellschaft Signal in Schwerte. „Das ist der gravierendste finanzielle Einschnitt, den wir in den letzten 10 Jahren erlebt haben! Und er trifft wieder einmal die schwächsten Mitglieder dieser Gesellschaft, die sich nicht wehren können!“ 700 Millionen € muss das Arbeitsministerium im Jahr 2024 bei den Jobcentern einsparen. Einerseits werden direkt die Mittel für Beschäftigungs- und Bildungsangebote gekürzt, die den Arbeitslosen zugutekommen. Zugleich streicht der Bund Mittel für den sogenannten Verwaltungshaushalt, und das, obwohl die Kosten für Personal (Tarifsteigerungen) und Energie explodiert sind. Im Kreis Unna hat das Jobcenter 2024 am Ende ganze 6 Mio. € zur Verfügung, um Angebote für Arbeitslose neu zu starten oder bewährte zu verlängern. „Das entspricht einem Rückgang von rund 50 %“, rechnet WerkstattChef Dörmann vor.

Damit muss das Jobcenter massiv in die Arbeitsförderung eingreifen. Angebote für Langzeitarbeitslose – etwa in den Arbeitsgelegenheiten der sogenannten 1-€-Jobs oder im Teilhabe-Chancengesetz – müssen drastisch gekürzt werden. Genau dies sind die Arbeitsstellen, in denen Menschen, die lange ohne Beschäftigung waren, schrittweise wieder Fuß fassen können und auch soziale Anerkennung erfahren. In Tafeln oder Sozialkaufhäusern arbeiten sie in Teams, trainieren, einen anstrengenden Arbeitstag zu überstehen und helfen zugleich vielen Menschen, die auf günstige Lebensmittel und Möbel angewiesen sind.

Die Werkstatt hat gerade erst in diesem Jahr mit Hilfe des Jobcenters 38 dieser AGH-Stellen in den Tafeln im Kreisgebiet geschaffen. Hierdurch werden in enger Zusammenarbeit mit vielen ehrenamtlichen Bürgern und Bürgerinnen über 2.000 bedürfte Menschen jede Woche mit Lebensmitteln versorgt. Seit kurzem bietet die Tafel in Unna zudem ein Frühstück und auch ein warmes Mittagessen an – „damit vor allem kranke oder ältere Bedürftige überhaupt zu einer warmen Mahlzeit gelangen, aber auch, um der Einsamkeit der Menschen zu begegnen“, erklärt Werkstatt-Chef Dörmann.

Diese soziale Infrastruktur, die im Kreis Unna von der Werkstatt, der Diakonie und der AWO organisiert wird, ist ohne die Förderung des Jobcenters nicht zu halten. „Wenn wir aber einmal ein Sozialkaufhaus schließen, dann wird das Angebot unwiederbringlich verloren gehen“, fürchtet Dörmann. Das trifft dann die besonders Benachteiligten gleich doppelt, einerseits als Arbeitslose, denen hundertfach die Beschäftigungs-Angebote fehlen werden, anderseits z.B. als Tafel-Kunden mit schmalen Haushalts-Budgets. Und es trifft auch diejenigen,
die sich bisher seit vielen Jahren engagiert um die Arbeitslosen gekümmert haben: Die 40 Beschäftigten der Werkstatt.

Werkstatt-Chef Dörmann appelliert daher gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbänden im Kreis Unna an die örtlichen Bundestagsabgeordneten, die massiven Kürzungen bei den Jobcentern zu stoppen. „Es darf nicht passieren, dass die seit Jahrzehnten bewährten Angebote für die besonders Benachteiligten einer kurzfristigen Sparoperation geopfert werden“, sagt Dörmann.