von Andreas Milk
Zwischen „Ich bin nicht gefahren“ und „Ich räume das ein“ lagen knapp anderthalb Stunden Verhandlung. Der 52-jährige Bergkamener Martin T. (Name geändert) war vor dem Amtsgericht Kamen wegen einer Trunkenheitsfahrt angeklagt. Was tatsächlich los war in Weddinghofen am frühen Morgen des 24. Juni 2022, bleibt nach dem Prozess die Frage. Fest steht: Sollte das Urteil gegen T. – eine Geldstrafe plus dreimonatige Führerscheinsperre – rechtskräftig werden, kann er im Frühjahr wieder eine Fahrerlaubnis bekommen. Und: Einem Bekannten, der für ihn hatte aussagen sollen, blieb der Auftritt als Zeuge erspart – und damit womöglich ein Verfahren wegen Falschaussage.
In jener Juninacht führte die Kombination aus hohen Temperaturen und einigen Ouzos zu gleich zwei Einsätzen von Sanitätern an einem Weddinghofener Lokal. Beide Male ging es dem jeweiligen Patienten nicht allzu gut; beide Male lehnte er aber eine weitergehende Behandlung oder eine Mitnahme ins Krankenhaus ab. Bei Patient Nummer zwei handelte es sich um Martin T. Laut Anklage setzte er sich, als die „Sanis“ weg waren, hinters Steuer seines SUV und fuhr wenige hundert Meter zu seiner Wohnung. Eine Nachbarin des Lokals bekam – nach Geräuschen von Würgen und Erbrechen – die Abfahrt mit. Sie rief die Polizei. Eine Blutprobe bei T. ergab 1,11 Promille, das heißt: absolute Fahruntüchtigkeit. Die Grenze ist bei 1,1 Promille. Da zwischen Fahrt und Blutentnahme gut zwei Stunden lagen, dürfte T.s Wert während der Fahrt höher gewesen sein.
T. bestritt vor Gericht, gefahren zu sein. Nach seiner Darstellung war es sein (nüchterner) Bekannter, der freundlicherweise den Transfer des SUV von dem Lokal zu T.s Wohnung übernahm. Dem widersprach die Aussage der Nachbarin: Die Frau war „hundertprozentig sicher“, Martin T. gesehen zu haben. Dazu kommt: Zwischen dem Abrücken der Sanitäter und dem Anruf der Frau bei der Polizei lagen laut Protokollen vier Minuten. Diese Zeit hätte für T. nicht gereicht, seinen Bekannten zu informieren und die Überführung des Fahrzeugs zu arrangieren.
Schlussendlich also: Einräumen des Tatvorwurfs, auch wenn es im Gerichtssaal schien, als bekäme Martin T. die damaligen Ereignisse selbst nicht mehr so recht auf die Reihe. Bisher waren sowohl sein Vorstrafenregister als auch das Verkehrssünden-Verzeichnis leer. 30 Tagessätze à 30 Euro soll er nun wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr als Geldstrafe an die Justizkasse zahlen.