„Angst um sein Leben“: Prozess nach Polizeieinsatz

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von Andreas Milk
Ist der Bergkamener Boris K. (32, Name geändert) im März dieses Jahres auf dem Parkplatz am Haldenweg letztlich ohne triftigen Grund von Polizeibeamten angegangen worden – oder hatten sie völlig zu Recht eine Trunkenheitsfahrt verhindert und wurden dafür von K. attackiert? – Diese Frage hat das Amtsgericht in Kamen zu klären. K. ist wegen Trunkenheit im Verkehr und Widerstandes angeklagt. Beim Prozessauftakt gab es einen Eklat zwischen Verteidiger und Staatsanwalt: K.s Anwalt äußerte Zweifel an der Neutralität des Anklagevertreters. Der solle doch lieber mit seinem Vorgesetzten darüber reden, sich austauschen zu lassen.

Die Anklage geht von folgendem aus: Der betrunkene K. sei mit seinem Motorrad gestürzt. Als die Polizei ihn zu fassen versuchte, habe er einen Fluchtversuch gemacht. Dabei biss er einem Beamten heftig in den Finger; eine Kollegin erlitt Schürfwunden am Arm.

K.s Verteidiger legte dar, was aus seiner Sicht im Prozess bewiesen werden soll: Dass sein Mandant zwar die betreffende Person gewesen sei, das Motorrad aber nicht gefahren, sondern geschoben habe. Dabei sei er gestürzt – nicht der Trunkenheit, sondern örtlicher Gegebenheiten wegen. Die beiden Polizisten hätten ihn am Boden fixiert, durch ihre Knie im Rücken und im Halsbereich von Boris K. – weshalb der „Angst um sein Leben“ bekommen, ja sich sogar eingekotet – und sich eben in seiner Panik mit allen Mitteln gewehrt habe.

Was den Verteidiger nun mit Blick auf den Staatsanwalt so in Rage brachte: Der Staatsanwalt hatte geschildert, was seiner Einschätzung nach drohen könnte, falls K. bei der Notwehr-Version bleibe und kein Geständnis ablege. Und zwar: Haft – ohne Bewährung. Mit Geständnis käme dagegen eine Bewährungschance in Frage. Das ließ K.s Verteidiger mutmaßen, sein Kollege von der Gegenseite sei voreingenommen und unterstelle von vornherein, dass Polizisten stets korrekt handelten und die Wahrheit sagten.

Im Januar wird weiter verhandelt. Zu dem Fortsetzungstermin soll – auf Antrag des Verteidigers – ein Zeuge bestätigen, dass Boris K. nicht auf dem Motorrad gefahren ist. Diesen Zeugen hatte Boris K. selbst benannt. Und sein Anwalt betonte: Er würde sein Mandat nicht ausüben, wenn er den Eindruck hätte, dass K. jemanden dazu bringen wolle, für ihn zu lügen.