Bergschäden – der Kampf geht weiter

image_pdfimage_print
Bergbauschäden waren in Bergkamen, einst größter Bergbaustandort Europas, jahrelang an der Tagesordnung. Risse in Wänden, schiefe Türen, gebrochene Leitungen. Viele Betroffene kämpfen immer noch um ihr Geld. Jetzt gibt es Neuigkeiten aus dem Landgericht Bochum – und die sind nicht gerade erfreulich. Der Aktionskreis Wohnen und Leben Bergkamen war als Prozeßbeobachtung beim Landgericht Bochum in der Sache „Güte- und Verhandlungstermin Klage gegen die RAG Deutsche Steinkohle auf Schadensersatz wg. Bergbau bedingter Erschütterungen“. Vorsitzender Karlheinz Röcher berichtet:
„In NRW haben einzelne Bürger Klagen gegen die RAG auf Schadensersatz wg. jahrelanger Bergbau bedingter Erschütterungen eingereicht. Sie werden dabei von den Vertretungen der Bergbaubetroffenen unterstützt.
Beim Landgericht Bochum ging es am Donnerstag (24.07.) um die Klage eines Dorstener Bürgers mit der Forderung auf Ausgleichszahlung i.H.v. 8.524,80 EUR für unzumutbare Beeinträchtigungen von April 2005 – November 2008, also um einen Zeitraum von 3,5 Jahren. Vertreten wird er durch den Rechtsanwalt Klaus Friedrichs aus Voerde, der auch einer der Sprecher des Landesverbandes der Bergbaubetroffenen in NRW (LVBB) ist.
Der Aktionskreis Wohnen und Leben Bergkamen e.V. war durch den Vereinsvorsitzenden als Prozeßbeobachter vertreten, weil ein Vereinsmitglied in gleicher Sache beim Amtsgericht Kamen Klage gegen die RAG eingereicht hat und das Verfahren seit dem 05. Mai mit einem Güte- und Verhandlungstermin eröffnet und zwischenzeitlich ein Gerichtsgutachten in Auftrag gegeben worden ist.
Der vorsitzende Richter der Landgerichts-Kammer in Bochum, Ritter, gestaltete den Beginn des Termins für die mehr als 30 mitangereisten Mitglieder der Dorstener Bürgerinitiative (BISBU) mit einer so nicht erwarteten Maßnahme: Nur 2/3 konnten im Sitzungssaal bleiben, weil keine ausreichende Bestuhlung vorhanden war, Stehen und die Benutzung von die gesamte Sitzungsdauer nicht benötigten Sonderplätzen für Zeugen und Sachverständige nicht erlaubt wurde. Kein gutes Signal für die Betroffenen, was sich auch in der weiteren Verhandlungsführung des Gerichtes zeigen sollte.
Für den vorsitzenden Richter konnte die Klägerseite bislang nicht substantiert vortragen, dass bei den in der Klageschrift aufgeführten Erschütterungsereignissen die Betroffenheit des Klägers und die beklagte Unzumutbarkeit des Ereignisses (insbesondere in den Nachtstunden) vorlag. Andererseits argumentierte der Richter, dass es auf die individuelle Betroffenheit letztlich nicht ankomme, sondern der ‚gemeine Durchschnittsmensch‘ mit seinem Empfinden der Maßstab sei. Es seien keine Messungen am Objekt der Kläger vorgenommen worden und die Messungen an der ca. 200m entfernten Grundschule seien nicht übertragbar. Eine kaum zu lösende Problemstellung vor Gericht, zumal aus Sicht der Klägervertretung die RAG in Verbindung mit der staatlichen Bergbehörde, Abt. 6 der Bezirksregierung in Arnsberg, zum Zeitpunkt der Erschütterungsereignisse jedes Ansinnen der Dorstener Bürger(initaitive) auf Einrichtung von Messstationen zur Ermittlung der Wirkung auf den Menschen abgelehnt hatten.
Seitens der Politik fand in dieser Frage überhaupt keine Unterstützung für die Bergbaubetroffenen statt.
Vor Gericht ist die Klägerseite – so der vorsitzende Richter – in der Pflicht, den Beweis für die Unzumutbarkeit anzutreten, um einen Schadensersatzanspruch durchzusetzen zu können. Dieses sei kostenintensiv und könnte den Kläger wirtschaftlich überfordern – er schlage deshalb einen Vergleich vor. Der anwaltliche Vertreter der RAG sah dafür keinen Spielraum, da die ins Spiel gebrachte Summe von 2.500 EUR eine ‚Welle Nachahmer‘ finden würde, die auch sachlich überhaupt nicht zu rechfertigen wäre.
Die Klägerseite beantragt ihrerseits die Überprüfung der zugrunde gelegten DMT-Werte durch einen unabhängigen Sachverständigen. Eine Entscheidung des Gerichtes ergeht in den nächsten Tagen.
Als Prozeßbeobachter dämmert einem die Erkenntnis, dass die Gerichte mit der Angelegenheit überfordert sein könnten bzw. dem Anliegen der Kläger aufgrund der rechtlichen Vorgaben durch das Bundesberggesetz nicht angemessen entsprechen können. Sollte sich herausstellen, dass den Bergbau-Betroffenen systematisch die Beweismöglichkeiten vorenthalten wurden, so hat die Politik die Verantwortung dafür zu übernehmen und einen (materiellen) Interessenausgleich beim Verursacher RAG durchzusetzen. „
Kontaktdaten des Aktionskreis Wohnen und Leben Bergkamen e.V.: