Die Wahl des neuen Beigeordneten, die im Rahmen der Ratssitzung am 11.07. 2013 stattfinden soll, rückt näher und der Unmut bei allen vier Oppositionsfraktionen über das selbstherrliche Vorgehen der SPD als Mehrheitsfraktion wächst. Die Opposition will der Wahl des neuen Beigeordneten geschlossen fern bleiben.
Am Donnerstag, 4. Juli, gab es dazu noch einmal eine gemeinsame Pressemitteilung der Fraktionen CDU, GRÜNE, FDP und BergAUF im Rat der Stadt Bergkamen.
Die vier Fraktionsvorsitzenden Elke Middendorf (CDU), Harald Sparringa (Grüne), Angelika Lohmann-Begander (FDP) und Werner Engelhardt (BergAUF) hatten ihren Protest bereits vor zwei Wochen öffentlich geäußert, weil die SPD die Wahl ihres Favoriten Holger Lachmann (SPD) im Alleingang schon am nächsten Tag über die Presse angekündigt hatte und damit einen demokratischen Willensbildungsprozess im gesamten Rat offensichtlich verhindern wollte. Was ihren Unmut nun noch steigert ist die Tatsache, dass die SPD stur an ihrem Vorgehen festhält und bisher in keiner Weise auf die anderen Fraktionen zugegangen ist.
„Das wäre aber der einzige Weg gewesen, um eine möglichst große Mehrheit für einen Kandidaten zu finden“, sind sich die vier Oppositionellen einig und wollen das, was sie als Machtgehabe der SPD bezeichnen, nicht auf sich beruhen lassen. „Typisch“, findet Werner Engelhardt, „dass SPD-Fraktionsgeschäftsführer Franz Herdring den Vorwurf der ‚Arroganz der Macht‘ zurückweist und im selben Atemzug mit der arroganten Frage „Aber was glauben die denn?“ den Oppositionsfraktionen die Tür zuschlägt!“
„Wir lassen uns von Herrn Herdring auch nicht öffentlich als blauäugig beschimpfen, nur weil wir von der SPD einen offenen interfraktionellen Meinungsaustausch forderten“, fügt Angelika Lohmann-Begander an. „Blauäugig ist da schon eher zu glauben, man könne die Wahl nach Gutsherrenart durchziehen ohne sich die Argumente der vier Oppositionsfraktionen auch nur anzuhören, geschweige denn, darüber nachzudenken!“
Harald Sparringa von den Grünen betont: „Es gab seit der Kandidatenvorstellung zahlreiche informelle Gespräche mit einzelnen SPD-Ratsmitgliedern, von denen sich etliche auch ein anderes Vorgehen ihrer Fraktion gewünscht hätten. Offizielle Gespräche mit den Oppositionsfraktionen, die nötig gewesen wären, um auch die Kandidaten nicht zu beschädigen, blieben aber aus.“
„Wir hätten eigentlich erwartet“, ergänzt Elke Middendorf, „dass Bürgermeister Roland Schäfer zu einem interfraktionellen Gespräch einlädt, um sich gemeinsam über die Sachlage zu unterhalten. Schließlich reklamiert er für sich, Bürgermeister aller Fraktionen zu sein.“
In der Ratssitzung sollen nun laut Verwaltungsvorlage, alle fünf Kandidaten aus der Vorstellungsrunde zur Wahl stehen. Das halten die Vertreter der Opposition für eine Farce und betonen: „Wenn Herr Herdring sagt, die SPD würde am 11. 7.2013 geschlossen ihren Kandidaten wählen – Basta! -, dann ist doch den anderen Bewerben die formale Nominierung gar nicht zuzumuten. Es ist lediglich ein demokratisches Feigenblättchen, das die Alleinherrschaft der SPD mehr schlecht als recht verhüllt.“
Es sei durchaus überlegt worden, geschlossen einen gemeinsamen Gegenkandidaten zu wählen und auf Stimmen aus den Reihen der SPD zu hoffen, betonen die vier Fraktionsvorsitzenden. Es sei aber keinem erfolgreichen Bewerber zuzumuten, sein Amt nach der Wahl gegen die Mehrheitsfraktion auszuüben.
Falls die SPD tatsächlich darauf beharrt, die Wahl in der geplanten Weise durchzuziehen, dann wird sie es alleine tun müssen. Die vier Fraktionen CDU, Grüne, FDP und BergAUF ziehen die Reißleine: „Wir haben gründlich in unseren Fraktionen beraten und werden der Wahl geschlossen fernbleiben.“
Vielleicht, so meinen die vier Fraktionsvorsitzenden, könne die SPD so ihren Kandidaten Lachmann durchsetzen, falls der Fraktionszwang tatsächlich funktioniert.
Aber schon jetzt hat die SPD – Fraktionsführung um Herrn Kampmeyer allein durch ihr Verhalten im Vorfeld dieser Wahl zu verantworten: Dem Ansehen der Stadt Bergkamen enorm geschadet zu haben.
Demokratie geht anders!
„Ein absolut demokratisches Verfahren“ sieht SPD-Fraktionschef Kampmeyer im Vorgehen der SPD zur Wahl des neuen Beigeordneten. Will heißen: Die Mehrheitsfraktion entscheidet – basta! Einfacher sagte es SPD-Fraktionsgeschäftsführer Herding, wenn er arrogant in Richtung der Oppositionsfraktionen fragt: „Was wollen die eigentlich?“
Ja, was wollten wir denn? Wir, die vier anderen, ebenfalls von den Bürgern der Stadt gewählten Fraktionen, wollten mit beraten, mit diskutieren, Argumente austauschen, wer denn die oder der geeignetste KandidatIn für dieses Amt in der Stadtverwaltung ist. Genau das haben wir untereinander parteiübergreifend, sachlich, abwägend, mit gegenseitiger Wertschätzung getan.
Da ging es dann um Fragen wie „Sollte nicht endlich mal eine Frau in ein solches Amt gewählt werden? Könnte es nicht auch mal ein parteiloser Bewerber sein? Oder jemand, mit besonders viel Erfahrung?“
Genau das sind Merkmale eines demokratischen Willensbildungsprozesses.
Das ignorieren die Herren Kampmeyer und Herdring mit ihrer Argumentation. Sie tun so, als sei ihre absolute Mehrheit im Rat gleichbedeutend damit, alle Bürger hätten SPD gewählt.
Zur Erinnerung: Dem ist nicht so!
Sollte man deshalb nicht stets alle Menschen im Blick haben, auch wenn sie anders oder gar nicht gewählt haben? Wäre es also nicht nötig und demokratisch, die Argumente und Meinungen anderer, auch die der anderen Fraktionen, anzuhören, ernst zu nehmen und sich damit kritisch auseinanderzusetzen?
Die SPD-Fraktionsführung meint: Nein! Sie begnügt sich damit, dass bei ihrer internen Abstimmung alle Anwesenden dem Vorschlag der Fraktionsspitze gefolgt. Dabei vergisst sie wohl: Fast die Hälfte der eigenen Fraktion fehlte bei der Abstimmung. Kein Wunder also, wenn sich in der SPD die Stimmen mehren, die Meinung der Fraktionsmitglieder sei gar nicht gefragt, nur die der Fraktionsspitze.
Sicher gehören zur Demokratie am Ende Abstimmungen. Als Schlusspunkt eines offenen, demokratischen Pro-zesses der Willensbildung. Wenn Letzteres der SPD-Fraktionsspitze fremd ist, ist der öffentlich von Herrn Dörlemann in der WR erhobene Vorwurf an die Oppositionsfraktionen, sie spielten „beleidigte Leberwurst“, völlig daneben. Sie bleiben lediglich einer Abstimmung fern, in deren Vorbereitung sie beiseitegeschoben wurden und die deshalb starke Defizite an Demokratie aufweist.
Sicher wird die SPD bei offener Abstimmung ihren Kandidaten mittels Fraktionszwang durchsetzen. Sollte es aber eine geheime Abstimmung geben, könnte aus der Wahl Lachmanns schnell eine Lachnummer für die SPD-Spitze werden. Und zwar dann, wenn alle Fraktionsmitglieder der SPD den Mut haben, für den Kandidaten zu stimmen, den sie favorisieren!
Werner Engelhardt
Fraktionsvorsitzender BergAUF