Mit Rolf Escher Sehnsuchtsorte und neue Wirklichkeiten entdecken

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Er  ist Geheimnissen auf der Spur. Wenn der Spiegel im venezianischen Spiegelsaal blind bleibt, die Gebäude um den Berliner Dom verschwimmen oder die Vögel im Vogelsaal des Bamberger Naturkundemuseums nur Schemen sind, dann hat Rolf Escher Entdeckungen gemacht, die erst auf den dritten oder vierten Blick auffallen. In der Galerie „sohle 1“ zeigt er seinen Blick auf seine ganz persönlichen Sehnsuchtsorte – und auf „Erinnerungsräume – Von Berlin bis Venedig“.

Rolf Escher vor einem seiner "Sehnsuchtsorte": Venedig mit dem Markusdom.
Rolf Escher vor einem seiner „Sehnsuchtsorte“: Venedig mit dem Markusdom.

„Ich war schon über 20 Mal in Venedig“, erzählt der 78-jährige gebürtige Hagener, „aber ich entdecke die Orte immer noch mit anderen Augen.“ Räume interessieren den Mann, der nach der Begrüßung von Bürgermeister Roland Schäfer „einer der renommiertesten Zeichner und Künstler unserer Gegenwart ist“. Weniger die Räume selbst als „das Raumerlebnis“ üben die Faszination aus – ob in einer alten Buchhandlung in Porto oder im Arbeitszimmer von Annette von Droste-Hülshoff in Merseburg. „Ich arbeitet in den Räumen selbst, setze mich dem Ort, seiner Stimmung, den wechselnden Lichtern und den Augenblicken aus“, erzählt er. „Dabei gerät der Raum in Bewegung. Diesen Prozess versuche ich zu beschreiben.“ Dafür ist Bergkamen vielleicht der perfekte Ort. Hier hat Rolf Escher 1976 schon seine Zeichnungen präsentiert – Stillleben in den Schaufenstern Bergkamener Geschäftsleute. „Damals habe ich Bergkamen als Ort der Kunst kennengelernt“, betont er. 2007 dann eine erneute Ausstellung mit Ergebnissen seiner vielen Reisen. Sieben Jahre später hat er 70 Werke mitgebracht. „Es ist mir eine Ehre, dass ich eine der letzten Ausstellungen unter der Leitung von Barbara Strobel gestalten darf“, sagt er, der „dem Haus sehr verbunden ist“.

Zur Vernissage gab es auch ein Gläschen - mit Eschers Kunst im Hintergrund.
Zur Vernissage gab es auch ein Gläschen – mit Eschers Kunst im Hintergrund.

Was er jetzt in seinen Zeichnungen präsentiert, wenn er zunächst die Linien mit der Zeichenfeder setzt und mit dem Aquarellpinsel „das Atmosphärische, die Tiefe der Räume“ ausdrückt, zeigt etwas Neues. Der Kunstkritiker, Freund und jahrzehntelange Wegbegleiter Dirk Schwarze formuliert es so: „Er ist sehr viel farbiger geworden“, „sein Blick ist konzentrierter, einheitlicher“, wenn er auch neue Sehnsuchtsorte wie die Kunst- und Wunderkammern oder Naturalienkabinette für sich entdeckt. Er lenkt den Betrachter ab von dem, worauf sich der Blick konzentrieren will – und verführt ihn gleichzeitig dazu, das zu sehen, was nicht zu sehen ist. Das Spiel mit dem „anderen Realitätsbezug“ und den unterschiedlichen „Auffassungen der Wirklichkeit“ in ein und derselben Themenreihe machen den Reiz bei Rolf Escher aus. Seine Werke hängen nicht nur im Büro des Bürgermeisters, sondern sind auch in der Artothek der Galerie „sohle 1“ zu finden, wo sie für kleines Geld auszuleihen sind. Wer sich die Bilder mit Preisen bis 4.500 Euro nicht leisten kann, dem bietet der Katalog vorerst Abhilfe. Oder ein weiterer Besuch in der Ausstellung, die noch bis zum 8. Juni zu sehen ist. Außerdem gibt es am Sonntag, 23. März, von 15 bis 17 Uhr die Gelegenheit zu einem Künstlergespräch mit Rolf Escher.

Rolf Eschers Kunst ist auch hinter Vitrinen zu sehen: Seine Zeichenbücher.
Rolf Eschers Kunst ist auch hinter Vitrinen zu sehen: Seine Zeichenbücher.

Die Ausstellung ist übrigens auf anderem Gebiet eine echte Premiere. Zum ersten Mal ist Bayer HealthCare Bergkamen als Kooperationspartner zusammen mit der Städt. Wessenberg-Galerie Konstanz bei einer Ausstellung im Stadtmuseum präsent. Weil „unsere eigenen Räume bedingt durch die vielen Sicherheitsbestimmungen nicht wirklich optimal sind für die Öffentlichkeit“, formulierte es Standortleiter Dr. Stefan Klatt. Bayer stellt damit die eigenen Ausstellungen, die bislang zwei bis drei Mal im Jahr vor allem regionale Künstler unterstützten, ein – bleibt aber seiner „Schwäche für die Kunst“ treu, indem die Kooperationen mit der Galerie „sohle 1“ auch über die nächsten Ausstellungen fortgesetzt werden. „Das bringt Vorteile für alle Beteiligten.“