Mit offenen Wunden und Musiktalent auf dem Weg ins Gymnasium

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Emily kann gar nicht genug bekommen. Die Neunjährige tunkt gerade noch etwas in eine Substanz mit Farbe und läuft dann schon mit der Sicherheitsbrille auf der Nase weiter zum nächsten Tisch. Dort warten noch mehr Chemie-Experimente auf sie. „Ich muss zuhause alles in der Küche in der Sicherheit bringen, weil selbst die Speisestärke für Versuche benutzt wird“, erzählt ihre Mutter schmunzelnd. Seife macht Emily selbst, sogar Knete. Keine Frage: Chemie wird ihr Lieblingsfach am Städtischen Gymnasium Bergkamen. Denn hier möchte sie unbedingt weiterlernen. Wie schon ihr Bruder.

Mit offenen Wunden geht es an die Chemie-Experimente.
Talent am Instrument zeigten viele künftige Schüler, die sich zum ersten Mal am Cello ausprobierten.

Im Musikraum versteht man dagegen sein eigenes Wort nicht beim Tag der offenen Tür. Hier wird in die Trompete oder ins Fagott geblasen, was die Lungen hergeben. Ein potenzieller künftiger Schüler streicht ganz vorsichtig mit dem Bogen über die Seiten des Cellos. Seine Helferin zieht die Augenbrauen hoch, korrigiert ein wenig die Handhaltung und ist restlos begeistert: „Das funktioniert aber schon ganz toll!“, lobt sie. Ihr „Schüler“ hat sich gerade zum ersten Mal in seinem Leben an diesem Instrument ausprobiert. Ob er eine Verstärkung der Orchester-Klasse wird? „Ich möchte auf jeden Fall ein Instrument lernen“, sagt er und streicht mit einem zufriedenen Lächeln weiter über die summenden Seiten.

Der 3-D-Drucker summt fleißig im Hintergrund. Er hat bereits zahlreiche Bauteile für eigene Bionik-Kreationen der Technik-Schüler geformt.

Die drei Stunden am Samstag waren randvoll gepackt. Mit dem Laufzettel stürmten die Grundschüler, die demnächst gern das Gymnasium besuchen wollen, durch alle Klassen und Abteilungen. Denn hier gab es viel zu entdecken. Im Technikraum summte ein 3-D-Drucker eifrig vor sich hin. Er formte wie durch Zauberhand Buchstaben aus einer Plastikmasse. Der Drucker ist ein wertvoller Helfer für die AG, die ihre eigenen Roboter baut. „Die Teile, die wir benötigen, drucken wir damit selbst“, erzählen die Schüler. Im Internet recherchieren sie gerade, wie sie die geeigneten Patinen für Servos bekommen, die später ihren Roboter gelenkig machen. Er soll auf sechs Beinen laufen können wie ein Insekt. Andere Schüler tüfteln an einer Hand, die nicht nur das „Peace-Zeichen“ formieren kann. Möglich macht all dies ein Geschenk einer Stiftung, die dem Gymnasium zwei Lego-Robotik-Pakete zur Verfügung stellt. Damit können die Schüler ihre eigenen Roboter bauen und programmieren und im Laufe ihrer Schul-Karriere sogar ganz eigene Bionik-Kreationen entwerfen.

Von G8 zurück auf G9: Viele Fragen und Gespräche

„Viele rote Punkte“ gibt es unter dem Mikroskop zu sehen, wenn dort Zellen untersucht werden.

100 neue Schüler könnten es im neuen Schuljahr am Städtischen Gymnasium werden. Das einzuschätzen, ist allerdings auch für Schulleiterin Bärbel Heidenreich zum jetzigen Zeitpunkt schwer. Fest steht: „Der Andrang heute war sehr gut, auch die Infoabende für die Eltern und der Probeunterricht vor den Weihnachtsferien waren gut besucht.“ Am meisten interessiert die Eltern, wie der Übergang von G8 zu G9 im neuen Schuljahr genau aussehen wird. Viele wollten wissen, wie die Förderstrukturen für Schüler aussehen, die nicht uneingeschränkt für das Gymnasium geeignet sind. Deutschförderung, Lehrerversorgung, Klassenzusammensetzungen, der gemeinsame Schulbesuch für Zwillinge: Es gab haufenweise Fragen und viele Gespräche.

Beeindruckende Kunstwerke waren in der Kunstausstellung der Schüler zu bestaunen.

Denn das Gymnasium hat viel zu bieten – künftig noch mehr. Die digitale Ausrüstung soll verstärkt werden, es soll Dokumentenkameras und Beamer für jede Klasse geben. Ein Arbeitskreis beschäftigt sich gerade mit einem Konzept für die Einbindung mobiler Endgeräte in den Unterricht. Der musikalische Schwerpunkt mit dem Bachkreis, viele gemeinsame Projekte der Schüler: Das Städtische Gymnasium hat einiges zu bieten.

So entstehen offene Wunden: Die Schulsanitäterinnen zeigen, wie es geht.

Besonders begehrt waren an diesem Samstag allerdings neben der Tombola und diversen Quiz etwa zum Schulgarten offene Wunden. Die klafften so täuschen echt auf Stirnen, Armen und Händen, dass mancher Besucher erst einmal erschrocken innehielt. Die Urheber waren die Künstlerinnen vom Schulsanitätsdienst. Die hatten sich selbst die Kunst der täuschend echten Maskerade beigebracht – eigentlich für gruselige Halloween-Feiern, aber auch für praktische Übungen. Mit Vaseline, Wachs, Spatel und Kunstblut in verschiedenen Farbtönen triefte aus vielen Gesichtern beim Tag der offenen Tür Blut. Normalerweise sorgen die Schulsanitäter dafür, dass es aufhört zu fließen – etwa beim Pausendienst oder im Sani-Raum. Dafür werden sie von besonders geschulten Lehrern in einem Erste-Hilfe-Dienst eigens ausgebildet.