Lippeverband startet Info-Kampagne: Starkregen betrifft jeden!

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Hamm, Münster oder Dortmund – diese Städte der Lipperegion stehen beispielhaft für die heftigen Starkregenereignisse in diesem Sommer. Und auch in Kamen oder Bergkamen hieß es in manchem Keller „Land unter“.

Minis sind bei Starkregen besonders gefährdet. Foto: Jens Schneider
Minis sind bei Starkregen besonders gefährdet. Foto: Jens Schneider

Gemeinsam machen sich jetzt LIPPEVERBAND und die Stadt Unna „Stark gegen die Folgen von Starkregen“. Unna wurde dazu als Pilotgebiet in dem europäischen Kooperationsprojekt „Future Cities“ ausgewählt. Seit Anfang September läuft in Unna dazu eine Informationskampagne für Bürger. Denn die Eigenvorsorge der Bürger ist ein wichtiger Aspekt im Schutz vor den Folgen extremer Niederschläge.

Bis zu sechs extreme Niederschlagsereignisse jährlich für die Emscher-Lippe-Region statt bislang drei bis vier prognostizieren die Hydrologen des LIPPEVERBANDES für die Zukunft. Das Problem: Die sehr kurzen Vorwarnzeiten bei Starkregen und die lokale Begrenzung: Während in Dortmunder Stadtteilen ein Jahrhundertereignis vom Himmel stürzt, bekommt das benachbarte Unna nur einen Regenschauer mit. Doch spätestens seit diesem Sommer ist allen klar: Starkregen betrifft jeden! Um sich gegen die sintflutartigen Niederschläge zu schützen, hilft nur Vorsorge – von Seiten der Kommunen und der Bürger.

Doch was können Hauseigentümer und auch kommunale Verwaltungen konkret tun?

Werner Kolter (l.), Bürgermeister der Stadt Unna, und Dr. Jochen Stemplewski, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes, beim Start der Informationskampagne rund um das Thema Starkregen. (Foto: Katja Sahmel/Pressestelle Unna)
Werner Kolter (l.), Bürgermeister der Stadt Unna, und Dr. Jochen Stemplewski, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes, beim Start der Informationskampagne rund um das Thema Starkregen. (Foto: Katja Sahmel/Pressestelle Unna)

Der Vorstandsvorsitzende des LIPPEVERBANDES, Dr. Jochen Stemplewski, erläutert: „Wir wissen, dass es keinen 100%igen Schutz vor Überflutungen durch diese extremen Niederschläge geben kann. Bei der Anpassung an den Klimawandel setzen wir als Wasserwirtschaftsverband auf sogenannte No-Regret-Maßnahmen. Das sind Projekte, die in jedem Fall greifen und Nutzen bringen. Denn auch wenn heute niemand exakt voraussagen kann, welches Klima in 50 Jahren in der Lipperegion herrscht, gehört beispielsweise Gewässerumgestaltung zum richtigen Weg, sich heute darauf einzustellen.“

Der Bürgermeister der Stadt Unna, Werner Kolter, dazu: „Die Anpassung an den Klimawandel stellt uns auch in unserer Region vor Herausforderungen. Deshalb sind wir sehr froh, dass wir in Unna gemeinsam mit dem LIPPEVERBAND im Projekt Future Cities mitwirken können. Dieses zusätzliche qualifizierte Informationsangebot ermöglicht uns, unsere  Maßnahmen und Instrumente für eine auch im Hinblick auf den  Klimawandel zukunftsfähige Stadtentwicklung sinnvoll auszubauen.“

Seit Anfang 2014 arbeiten die Stadt Unna und der LIPPEVERBAND im Rahmen einer EU-Kooperation eng dazu zusammen. Das aktuelle Future-Cities-Projekt konzentriert sich auf die Verwirklichung von „hochwassermindernden, dezentralen Maßnahmen in ländlich geprägten Einzugsgebieten“. Unna bringt erstens sehr gutes Vorwissen zum Thema Klimawandelfolgen mit, so hat die Stadtverwaltung bereits ein Strategiekonzept zum Klimawandel aufgelegt. Aber auch aufgrund der wasserwirtschaftlichen Situation eignet es sich für dezentrale Hochwasserschutzmaßnahmen, denn die teils steile Lage am Haarstrang und Bergsenkungen führen zu einer erhöhten „Verwundbarkeit“ der Stadt. Beteiligt an diesem Projekt waren neben verschiedenen Fachabteilungen des LIPPEVERBANDES von Seiten der Stadt Vertreter von Umweltamt, Planungsamt, Feuerwehr, Stadtbetrieben, Landwirtschaftskammer sowie von der Unteren Wasserbehörde des Kreises Unna.

Starkregengefahrenkarten und Informationskampagne für Unna

Ergebnis der Zusammenarbeit und der Anwendung des sogenannten „Future-Cities-Anpassungskom-passes“ sind detaillierte Starkregengefahrenkarten und Fließweganalysen für Unna. Sie zeigen, welche Bereiche der Stadt bei einem simulierten Starkregen von 90 l/m² in einer Stunde gefährdet wären. Hier könnten Feuerwehr, Polizei dann schnell eingreifen. Die Analyse dieses neuen Kartenmaterials zeigt, dass etwa Bereiche wie die Ortslage Unna-Mühlhausen oder der Ringtunnel im Zentrum bei solch einem extremen Niederschlagsereignis stark betroffen wären. Daher wurden Maßnahmen gerechnet, die z. B. in Unna-Mühlhausen durch die Zwischennutzung von landwirtschaftlichen Flächen als Speicher im Starkregenfall zu einer deutlichen Senkung der Wasserstände führen würden.

Die Starkregengefahrenkarte für Unna ist auch Bestandteil der Informationskampagne für alle Bürger, die ab Anfang September 2014 in Unna startet. Kernstück ist die Website www.stark-gegen-starkregen.de. Dort finden Bürger neben dieser Karte auch Informationen rund um das Thema Starkregen und Tipps, wie sie ihr Eigentum schützen können. Aber auch die Kommunen können sich hier über Präventionsmaßnahmen informieren. Großformatige Plakate und Poster, Flyer und Anzeigen sowie eine Info-Ausstellung in der Bürgerhalle im Unnaer Rathaus (vom 10. bis 19. September) machen auf das Thema den ganzen September über in Unna aufmerksam.

Maßnahmen LIPPEVERBAND:

Der LIPPEVERBAND führt entlang der Lippe eine ganze Reihe von  Umgestaltungsprojekten und ökologischen Verbesserungen für Gewässer durch. Dazu zählen im Kreis Unna Seseke, Körne, Süggelbach, Lüserbach und Heerener Mühlbach (Sesekeprogramm), in Hamm der Herringer Bach und Westhusener Bach, in Dortmund Kirchderner Graben und Rüschebrinkgraben, in Datteln und Oer-Erkenschwick der Dattelner Mühlbachen, in Haltern der Gecksbach, in Dorsten der Alten Hammbach, Rapphofs Mühlenbach und Erdbach sowie in Dinslaken der Rotbach.

Im Rahmen des wasserwirtschaftlichen Gesamtkonzeptes (Stichwort: integrale Bewirtschaftung) sind hier auch die umfangreichen Hochwasserschutzaktivitäten des Lippeverbandes zu nennen wie etwa das Hochwasserrückhaltebecken Kortelbach in Unna-Alte Heide. Dieses liegt direkt an der Stadtgrenze zwischen Unna und Kamen und schützt im Hochwasserfall die Unterlieger wie Kamen-Heeren-Werve (Inbetriebnahme Mitte 2011). Im Rahmen des Sesekeprogrammes wurde diese Anlage mit einem Fassungsvermögen von 104.000 Kubikmetern errichtet. Es schützt vor Hochwasserereignissen, die nach einem statistischen Durchschnitt einmal in 50 Jahren auftreten. Bei starkem Regen füllt sich das Becken mit Wasser, nach Abklingen der Niederschläge werden diese gedrosselt in den Heerener Mühlbach abgeleitet.

Damit eng verbunden ist auch die bereits erfolgte naturnahe Umgestaltung des Heerener Mühlbachs in Kamen zu einem „blau-grünen“ Korridor, der einerseits bei einem Starkregen das Regenwasser der benachbarten Grundstücke direkt aufnimmt und andererseits positive Auswirkungen auf das Stadtklima hat (etwa bessere Durchlüftung bei Hitze).

Was ist Future Cities?

„Future Cities“ ist ein europäisches Kooperationsprojekt unter Federführung des LIPPEVERBANDES und hat das Ziel, Stadtregionen Nordwesteuropas fit für die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels zu machen. Bei Future Cities arbeiten seit 2008 Kommunen aus Belgien, den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich und Deutschland zusammen. Das Projekt wird von der EU im Rahmen von INTERREG IV-B Nord-West Europa Programm gefördert.