Jugendliche lassen Chancen für duale Ausbildung ungenutzt, während sich in Betrieben der Nachwuchsbedarf verschärft

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Der Ausbildungsmarkt im Kreis Unna ist gespalten. Während Betriebe ihr Angebot an Ausbildungsstellen kontinuierlich erhöhen und damit ihren gesteigerten Bedarf an Nachwuchskräften zum Ausdruck bringen, lässt das Interesse von Jugendlichen an einer betrieblichen Ausbildung von Jahr zu Jahr nach. Die Entwicklung zu Gunsten der Bewerber hat sich damit fortgesetzt, gleichzeitig wird es für Arbeitgeber zunehmend schwieriger, ihr Mitarbeiterpotenzial zu halten und ihre Zukunft zu sichern.

Thomas Keyen, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Hamm, zieht eine entsprechend gemischte Bilanz für den Ausbildungsmarkt im Kreis Unna: „Wir freuen uns sehr darüber, dass Betriebe ihr deutliches Bekenntnis zur dualen Ausbildung nachhaltig unter Beweis stellen und in der Folge auch in diesem Jahr ihr Ausbildungsangebot erhöht haben. Gleichwohl begegnen wir diesem Trend mit gemischten Gefühlen, da das wachsende Angebot von Jugendlichen leider nicht hinreichend angenommen wird.“ Für die jungen Menschen jedoch, die sich für eine Ausbildung interessieren, ist die Ausgangslage so gut wie nie. Sie können aus vielen Chancen wählen und das für sie attraktivste Angebot annehmen.“

Insgesamt meldeten die Betriebe und Ausbildungsträger im Kreis zwischen Oktober 2023 und September 2024 der Agentur für Arbeit 2.544 Berufsausbildungsstellen und damit 118 Ausbildungsstellen (+4,9 Prozent) mehr als vor einem Jahr. Der Großteil entfiel auf
betriebliche Ausbildungsstellen. Mit 2.416 war ein Plus von 98 (+4,2 Prozent) zu verzeichnen. Dem gegenüber standen 2.307 gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen, 69 weniger als im Vorjahr (-2,9 Prozent). Zum Ende des Berichtsjahres am 30. September waren 237 Ausbildungsstellen unbesetzt, 31 mehr als im Vorjahresvergleich. Dagegen waren 140 Jugendliche Ende September noch
unversorgt und damit 40 mehr als vor einem Jahr (+40,0 Prozent).

Von den 2.307 Bewerberinnen und Bewerbern sind 1.023 in Berufsausbildung eingemündet, 147 haben Arbeit aufgenommen, 345 gehen weiter zur Schule, 46 haben ein Studium aufgenommen, 30 haben einen gemeinnützigen Dienst angetreten und 44 sind in Bildungsmaßnahmen gegangen. Weitere 213 haben keinen Verbleib mitgeteilt, aber auch keine aktive Hilfe bei der Ausbildungssuche mehr nachgefragt.

Im Laufe des Ausbildungsjahres standen im Kreis Unna für jeden Bewerber statistisch 1,10 Stellen zur Verfügung. Dies ist ein Plus gegenüber der Relation von 1,02 aus dem letzten Jahr. Im Landesschnitt beträgt die Relation 0,98.

Für Thomas Keyen zeigt gerade der Blick in die kürzere Vergangenheit deutlich, wie sehr sich die Disparitäten verschärfen: „Während Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber heute über 550 Ausbildungsstellen mehr anbieten als noch vor fünf Jahren, bewerben sich heute gut 200 junge Menschen weniger um diese Stellen als noch 2018/2019. Hinzukommt, dass auch diejenigen, die einer betrieblichen Ausbildung grundsätzlich aufgeschlossen gegenüberstehen, sich erst später im Jahr für eine Stelle festlegen. Der früher so stark erlebte
„Run“ auf die Stellen hat sich eher in ein entspanntes Jogging verwandelt.“

Thomas Keyen appelliert an alle Partner, in den Bemühungen um junge Menschen nicht nachzulassen: „Wir müssen die Attraktivität der dualen Ausbildung weiter steigern und all die Vorzüge herausstellen, die mit den Werten der heutigen Generation korrespondieren. Sei es
die Mitgestaltung unserer Umwelt im Hinblick auf Emissionsabbau und den Einsatz neuer Technologien in grünen Berufen, die Nutzung von KI und smarten Systemen in Logistik und Büro oder die zutiefst erfüllende Arbeit mit hilfebedürftigen Menschen in der Pflege oder
Erziehung – in allen Berufsfeldern finden wir Argumente dafür, warum sich eine Ausbildung an den wichtigen Fragen der Gegenwart orientiert und diese mitgestaltet. Hinzu kommt, dass auch die Gehaltsaussichten von Fachkräften immer mehr denen von Akademikern gleichen oder sie teilweise übersteigen. All das müssen wir auch weiterhin transparent machen und zwar da, wo Jugendliche für diese Botschaften empfänglich sind, sei es auf Social Media, angesagten Veranstaltungen oder ganz individuell in der Beratung.“

Der Agenturgeschäftsführer betont abschließend, dass auch die kommenden Monate bis Jahresende noch zur Nachvermittlung genutzt werden: „Für die noch unversorgten Bewerberinnen und Bewerber wie für bisher unbesetzte Ausbildungsstellen werden wir weiterhin individuelle Lösungen finden, denn noch ist auf dem Ausbildungsmarkt viel Bewegung und nachträgliche Einstiege ins laufende erste Ausbildungsjahr sind möglich.“