Spontaner hätte es nicht sein können. Und auch nicht treffender. Die Situationskomik aus Zettel-Zurufen in der KiTa, Einkaufsalltag nach Publikumswunsch oder inalten Frauenberufen mit Gebärdendolmetscherin traf mit „Piplies & LaMinga“ den allzu realistischen Kern beim inzwischen 38. Internationalen Frauentag in Bergkamen. Wenigstens gab es dabei etwas zu lachen. Denn die Rahmenbedingungen sind eigentlich immer noch zum Heulen.
Je nach statistischer Quelle würde es noch 131 bzw. 285 Jahre dauern, bis eine gesellschaftliche Gleichstellung erreicht ist. Die Gleichstellungsbeauftragte Martina Bierkämper hatte noch mehr entsetzliche Zahlen zu bieten. Täglich versucht ein Mann eine Frau zu töten, fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch die Hand des (Ex-)Partners. 18 % weniger Gehalt pro Stunde als Männer bekommen Frauen – und arbeiten entsprechend 66 Tage umsonst. Arbeitsarmut ist nur eine Folge. Und das, obwohl Männer in gleichberechtigter Umgebung deutlich länger leben. Frauen fliehen aktuell in Kriegen und werden von geschlechterspezifischer Gewalt bedroht. Klimabedingte Ernteeinbußen treffen vor allem Frauen (und letztendlich auch die Kinder), bei Naturkatastrophen sterben oft deutlich mehr Frauen als Männer. Ein unendliches Murmeltier, das seit Beginn der Frauenbewegung in geringfügigen Abwandlungen grüßt.
„Es fehlt in der Gesellschaft immer noch am notwendigen Respekt“, analysierte Bergkamens Bürgermeister Bernd Schäfer die Situation. Obwohl gerade Corona gezeigt habe, dass Frauen gerade hier eine tragende Rolle gespielt hätten. Fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf, keine gerechte Bezahlung, unterschiedliche Erwerbsbiografien, kaum flexible Arbeitszeitmodelle: „Angesichts des Fachkräftemangels können wir uns das nicht erlauben“, so Schäfer – „das kostet uns Wohlstand“. Bleibt nur zu hoffen, dass es keine 131 Jahre dauert, bis das Murmeltier verschwindet. Bis dahin tut es auch weiterhin Not, dass der Erlös des Frauentags hälftig dem Bergkamener Mädchen- und Frauennetzwerk und einem Projekt der AWO-Beratungsstelle für Schwangerschaft, Familienplanung und Sexualität zufließt.
Damit überhaupt noch Hoffnung aufkeimt, braucht es extrem gute Stimmung. Dafür sorgten das quirlige Damen-Doppel Piplies & LaMinga „Zum Glück lustig“. Heiter ging es von der männlichen Internet-Welt mit Rasentrimmer und Dackel-Liebe inklusive Befruchtung und Puffmutter-Auswechslung direkt in die Kita dank abstruser Situationskomik aus dem Zettel-Kasten mit täglichen klugen Weisheiten. Das Publikum durfte sich wünschen, wo die Frauen einkaufen gingen und schickte sie von der Buchhandlung zu den „hebenden und teilenden“ Angeboten im Miederwarengeschäft, Tieren aus dem Zooladen, „die was hermachen“, vielen schicken Büchern mit Bildern und Leuchtendem „auch für untenrum“ aus dem Erotikfachmarkt.
Die Lachtränen rollten, als sich die Kabarettistinnen in lebendige Puppen verwandelten, die von Zuschauerinnen mehr schlecht als recht bei der Annahme einer Online-Bestellung gesteuert wurden. Es blieb nicht alles heil und manche Frau musste auch schon mal durch Wände laufen. Nicht weniger schmerzhaft für das Zwerchfell war der Ausflug mit Gebärdendolmetscherin in die Welt der Hebammen. Manche Verbildlichung glich einer leistungssportlichen Darbietung drastischen Einblicken. Dass Eierfärben im März zu den dringlichen Wunsch-Erledigungen der Bergkamenerinnen gehört, überraschte dann auch die Profis auf der Bühne. Es wurde dennoch eifrig gefärbt – als Western-, Krimi, Gedicht-, Romantik- und Horror-Version, bis die ersten Zuschauerinnen fast um Hilfe riefen, weil die Luft zum Lachen knapp wurde.
Als die Waffeln aufgereiht, die Sektgläser gefüllt und die Rosen für die Heimweg bereitgestellt waren, hatten sich alle nach stehenden Ovationen wieder beruhigt. Jede Besucherin im ausverkauften Treffpunkt nahm wahrlich viel gute Laune mit zurück in den alles andere als gleichgestellten Alltag.