von Andreas Milk
Es war die Nacht zum 29. August 2020, die Inzidenz lag niedrig, viele Leute waren unterwegs – und die Polizei hatte mal wieder einiges zu tun, erinnerte sich ein Beamter jetzt in einem Prozess vor dem Kamener Amtsgericht. Es ging um einen Vorfall in Bergkamen am Wasserpark: Jamal A. und Aljoscha F. (Namen geändert), beide Ende 20, sind angeklagt wegen Beleidigung. Als „Nazis“, „Rassisten“, „Schwanzlutscher“ und „Schmalzlocken“ soll A. Beamte bezeichnet haben – F. werden in der Anklageschrift die Ausdrücke „Spastis“ und „Hurensöhne“ angelastet.
Zu einem Urteil kam es noch nicht. Drei Polizisten hatten als Zeugen ausgesagt. Doch was sie vortrugen, war dem Richter zu wenig konkret, als dass es für eine Verurteilung der beiden jungen Männer gereicht hätte. Übereinstimmend erzählten die Beamten von Pöbelei und aggressivem Verhalten. Aber sie konnten aus dem Gedächtnis nichts mehr zum Wortlaut sagen. Das liege wohl auch daran, erklärte einer, dass derlei Dinge im Polizeialltag nicht außergewöhnlich seien.
Fest steht: Am Bergkamener Wasserpark war es Anwohnern zu laut in jener Nacht. Die Polizei kam und sprach Platzverweise aus. Jamal A. fand das nicht in Ordnung. „So laut war das eigentlich gar nicht“, sagte er vor Gericht. Ja, zugegeben, er selbst habe die Polizei zwar angeschrien – aber niemanden beleidigt. Trotzdem sei er gepackt und zu Boden geworfen worden – und das nur, so vermutet er, weil er keinen Ausweis dabei hatte. Sein Gesicht sei in den Asphalt gedrückt worden. Er habe sich an den Fall George Floyd in den USA erinnert gefühlt. Sein Begleiter Aljoscha F. wies die Einsatzkräfte darauf hin, dass A. frisch am Bein operiert sei – das wurde vor Gericht auch so von einem Beamten bestätigt. Aljoscha F. gab zu, einen Polizisten „sehr provokant“ gefragt zu haben: „Deine Mutter ist keine Hure, oder?“
Die Nacht endete damals für Jamal A. und Aljoscha F. im Gewahrsam – nicht zuletzt zum Ausnüchtern. Blutuntersuchungen ergaben 1,4 (A.) und 1,9 (F.) Promille.
Voraussichtlich im Herbst wird es einen neuen, aufwendigeren Prozesstermin geben. Dann will der Richter noch sechs weitere beteiligte Polizisten – insgesamt dann also neun – befragen. Und: Jamal A. hat angedeutet, er werde zwei Zeugen zu seiner Entlastung benennen.