von Andreas Milk
Einen ganzen Schwall rassistischer und sexistischer Beleidigungen hatte die Bergkamenerin Aline K. (20, Name geändert) am Nachmittag des 17. März 2024 hören lassen – in der Öffentlichkeit, am Bahnhof in Kamen. Gerichtet waren die Äußerungen aus der untersten Schublade an ein schwarzes Mädchen (14) und dessen Mutter. Alle drei sahen sich jetzt vor dem Kamener Jugendrichter wieder. Bevor es zum Urteil kam, nutzte Aline K. die Gelegenheit, sich per Handschlag bei den beiden Geschädigten zu entschuldigen. Und genau diese Entschuldigung, erklärte später der Richter, habe Aline K. vor einem Arrest bewahrt.
Begonnen hatte alles mit einer Busfahrt. Mit dem R81 waren die Beteiligten am Kamener Bahnhof angekommen. Aline K. wollte mit dem Zug weiter nach Dortmund, ihren Großvater besuchen. Er habe im Sterben gelegen, sagt sie. Es war also ein mieser Tag. Und in dieser Situation gab es obendrein Stress im oder vor dem Bus. Draußen stand eine Frau mit Kinderwagen. Sie wollte einsteigen. Aline K., die aussteigen wollte, kam der Frau irgendwie in die Quere, womöglich unabsichtlich: Sie sei gegen den Kinderwagen geschubst worden, behauptet sie. Das Mutter-Tochter-Gespann nahm etwas anderes wahr: einen absichtsvollen Anrempler. Jedenfalls: Es wurde laut und unschön auf dem Weg vom Bussteig zum Bahnsteig. Laut Anklage versetzte Aline K. der Mutter gar einen Kniestoß in den Bauch und der Tochter einen Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht.
Gravierende Verletzungen hatte das nicht zur Folge. Drum konzentrierte sich das Verfahren auf die Beleidigungen. Die gab Aline K. auch unumwunden zu. „Das war nicht korrekt, dass ich so hochgefahren bin.“ Die Aufforderung an die schwarzen Frauen, dorthin zurück zu gehen, wo sie her gekommen sind, war wohl noch das mit Abstand Freundlichste. Ein Mann aus Aachen, am 17. März zufällig am Bahnhof, bekundete in seiner Zeugenaussage, er sei „schockiert gewesen“ über das Ausmaß und den unerfreulichen Einfallsreichtum von Aline K.s rassistischen Äußerungen. Die Freundin des Aacheners lief damals zur benachbarten Polizeiwache. Beamte kamen rüber und holten Aline K. aus dem abfahrbereiten RE3.
Die Bergkamenerin ist vorbelastet: Beleidigung, Körperverletzung und Bedrohung tauchen im Bundeszentralregister auf. Für den Vorfall am Bahnhof lautete nun das Urteil: 40 Stunden Freizeitarbeit, dazu die Teilnahme an einem Präventionskurs gegen Gewalt. „Wenn Sie einen schlechten Tag haben, kriegt’s Ihre Umgebung ab“, so der Eindruck des Richters – das müsse sich ändern. Aline K. nahm das Urteil an.
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