Anklagevorwurf: Tierabwehrspray durchs gekippte Fenster

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von Andreas Milk
Vorsichtig ausgedrückt: Die beiden Nachbarn in einem Weddinghofer Mehrfamilienhaus haben kein allzu gutes Verhältnis. Einer von ihnen saß jetzt als Angeklagter im Kamener Amtsgericht: Walter P. (61, Namen geändert) soll am späten Abend des 16. Mai seinem Widersacher Horst F. durch dessen gekipptes Fenster im Hochparterre eine Ladung Tierabwehrspray verpasst haben. Horst F.: „Plötzlich brannten meine Augen.“ Bei der folgenden Auseinandersetzung vor dem Haus habe der unter Alkoholeinfluss stehende Walter P. noch ein Klappmesser gezogen. Zudem habe er eine Bewohnerin bedroht.

Walter P. sagt: Er habe nicht gesprüht, kein Messer gezückt, die Frau nicht bedroht – denn die habe ihm nichts getan. P. hat eine kaputte Lunge, kaputte Bandscheiben – als Angreifer kann man ihn sich kaum vorstellen. Und was ist mit Horst F.? Gegen ihn wirkt P. fast schon wieder gesund: Seit einem Schädel-Hirn-Trauma leidet er an einer organischen Persönlichkeitsstörung. Es treten Aggressionsschübe und depressive Phasen auf, epileptische Anfälle, Borderline-Syndrom. Darüber gibt es eine ausführliche Bescheinigung eines renommierten Mediziners.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft glaubte trotz allem Horst F.s Schilderung der angeblichen Attacke von Walter P.: Wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung sei eine Geldstrafe fällig. Vorstrafen hat Walter P. nicht.

Geht es nach dem Kamener Richter, bleibt das auch so: Er sprach P. frei. Ja, es gebe eine Wahrscheinlichkeit, dass die Vorwürfe stimmen – aber längst keine Gewissheit. Der mutmaßlich angegriffene Horst F. sei ein „problematischer Zeuge“. Und er war selbst schon mal – anders als P. – Angeklagter in einem Strafprozess.

Die Staatsanwaltschaft hat eine Woche Zeit zu entscheiden, ob sie den Freispruch akzeptiert.