Zeitzeuge des SED-Regimes Rainer Dellmuth erneut zu Gast am Städtischen Gymnasium Bergkamen

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Bereits zum dritten Mal konnte die Fachschaft Politik/Wirtschaft & Sozialwissenschaften den Zeitzeugen des SED-Regimes, Rainer Dellmuth, im Städtischen Gymnasium Bergkamen begrüßen.

Foto: SGB/Matthias Fahling

Der Berliner saß als Jugendlicher und junger Erwachsener insgesamt drei Jahre in verschiedenen Gefängnissen des Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi) in der ehemaligen DDR. Der Vorwurf damals: „Versuchter, unerlaubter Grenzübertritt“ und Verdacht auf „staatsgefährdende Hetze“.
Heute engagiert sich der 68-jährige u.a. als freier Mitarbeiter in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, dem ehemaligen Untersuchungsgefängnis der Stasi, und als Referent an weiterführenden Schulen und Universitäten und als Schauspieler.

In diesem Jahr referierte Rainer Dellmuth vor den Q1-Leistungskursen Pädagogik, Geschichte und Sozialwissenschaften, einem Geschichtskurs im Jahrgang EF, Neuntklässlern und Achtklässlern über seine beklemmenden Erfahrungen als Stasi-Häftling und seinem persönlichen Lebensweg.
Mit „Berliner Schnauze“ und teilweise drastisch in seiner Wortwahl brachte Dellmuth den Schülerinnen und Schülern eindringlich nahe, wie die DDR durch das Ministerium für Staatssicherheit systematisch seine Bürgerinnen und Bürger überwachte und Andersdenkende und vermeintlich Andersdenkende aus dem Verkehr zog. Dabei stellte er auch immer wieder Bezüge zur aktuellen weltpolitischen Lage her. Wenn er beispielsweise an die Türkei oder Russland denke, da haue es ihm regelmäßig „den Draht aus der Mütze“- zu viele „erschreckende Parallelen“ seien für ihn erkennbar.
Wer sich aufgrund seiner Eloquenz zunächst im politischen Kabarett wähnte, stellte schnell fest, dass hier ein Mann sprach, der als Zeitzeuge Dramatisches erleben und ertragen musste: „Meine Haft damals hat mich für mein Leben geprägt. Ich war ja erst 18 Jahre alt. Die haben mich um drei Jahre meiner Jugend beraubt.“ Auch knapp 50 Jahre nach seiner Haft sind die Spätfolgen für ihn allgegenwärtig: „Posttraumatische Belastungsstörung“ laute die Diagnose, „chronische Schlafstörungen“ gehörten beispielsweise ebenso zu seinem Leben, erläutert Dellmuth, wie auch „Beziehungsschwierigkeiten“. Auch der „üble Sarkasmus“, den er an den Tag lege, sei seinen Erlebnissen und Erfahrungen geschuldet. Kein Wunder: Seine Stasi-Akte, aus der er auch zitierte, wuchs im Laufe der Jahre auf über 1200 Seiten an. Auf die Frage, ob er die minutiöse und penible Überwachung auf Schritt und Tritt bemerkt habe, antwortete er: „Nein, ich hatte absolut keine Ahnung“.

Abschließend betonte Rainer Dellmuth daher nochmals, wie wichtig und schützenswert die Demokratie sei: „Das Leben in einer Demokratie ist nicht selbstverständlich, seid euch dessen bewusst und schützt diese.“

Ein Wiedersehen mit Rainer Dellmuth für 2018 ist bereits verabredet – zunächst Ende Januar im Rahmen der 9er-Jahrgangsstufenfahrt in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, dann im Frühsommer anlässlich einer weiteren Gesprächsrunde mit den Schülerinnen und Schülern.
Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle dem Mensaverein des SGB und der Konrad-Adenauer-Stiftung, die die Finanzierung dieser Veranstaltung sicherstellten.