Welt-Alzheimertag: Für rund 9.400 Demenzkranke im Kreis Unna „steht die Welt Kopf“

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Das herausfordernde Verhalten demenzkranker Menschen ist nicht persönlich gemeint, bringt trotzdem auch Pflegende an ihre Grenzen. Es gibt Hilfestellungen, damit beide Seiten sich entspannen können. Foto: AOK/hfr.

Am 21. September ist Welt-Alzheimertag und das Motto lautet: Demenz – und die Welt steht Kopf. Das gilt insbesondere für die Betroffenen, aber auch für das Umfeld. Nach aktuellen Ergebnissen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) lebten im Jahr 2021 im Kreis Unna rund 9.400 Menschen mit dieser Erkrankung. Betroffen sind am häufigsten über 75-Jährige und tendenziell mehr Frauen als Männer. Wer als Angehöriger oder auch als professionelle Pflegefachkraft die Betreuung eines an Demenz erkrankten Menschen übernimmt, benötigt viel Kraft und Geduld. Wenn Demenzkranke aggressiv und laut oder gar handgreiflich werden, wird das auch als herausforderndes Verhalten bezeichnet. Das bringt nicht nur pflegende Angehörige, sondern auch beruflich Pflegende bisweilen an die Grenzen. Hierbei sollte versucht werden, zu verstehen und sich einzufühlen. „Es ist hilfreich, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass dieses Verhalten nicht persönlich gemeint ist, sondern Symptom einer Erkrankung“, sagt AOK-Serviceregionsleiter Jörg Kock.

Das herausfordernde Verhalten der an Demenz erkrankten Menschen sind Versuche der Erkrankten, zu kommunizieren. Dies geht oft nur durch Schreien, Beschimpfen, Schlagen oder das Werfen von Gegenständen. Wenn versucht wird, die Perspektive der dementen Person einzunehmen, erweist sich das zunächst als ’störend‘ empfundene Verhalten oft als unverstandenes Verhalten. Ängste, Überforderung, Missverständnisse oder auch unbewältigte Lebensthemen können hinter aggressivem Verhalten stecken. Eine störende Lärmkulisse, die fehlende Brille oder die Veränderungen in der Alltagsroutine können für die Betreffenden bedrohlich sein. Natürlich führen auch die krankheitsbedingten Veränderungen bei Demenzerkrankten zu Frust und nicht selten zu Verbitterung.

Studien legen nahe, dass andere Maßnahmen als Medikamente – wie zum Beispiel Aktivitäten im Freien, Berührungs- oder Massagetherapien sowie Musik, wirksamer sind als eine pharmakologische Therapie. Wenn Medikamente eingesetzt werden, dann sollten sie in der geringstmöglichen Dosis über einen möglichst kurzen Zeitraum und unter engmaschiger Kontrolle verabreicht werden.

Was können Pflegefachkräfte oder Angehörige tun, um mit den täglichen Herausforderungen möglichst entspannt umzugehen? Eine Empfehlung lautet: Validieren. „Validation ist mehr eine Grundhaltung als eine Technik. Sie basiert auf Empathie, Bestätigung und Wertschätzung im Umgang miteinander“, erklärt Kock. Es ist der Versuch, in die innere Welt des oder der Demenzkranken einzutauchen und Kontakt zu den Gefühlen aufzunehmen.

Die Pflegekraft oder die Pflegeperson zuhause kann zum Beispiel nachfragen, warum die fehlende Brille gerade so wichtig ist, die vermeintlich kleine Veränderung so bedrohlich ist oder das Bisherige so gut war und so auf die Ängste eingehen. Durch so ein identitätsstiftendes Gespräch kann ein echter Kontakt zur oder zum Pflegebedürftigen entstehen, der den erlebten Stresses lindert. Auf keinen Fall sollte die oder der Erkrankte darauf hingewiesen werden, dass die Vorstellungswelt nicht der Realität entspricht. „Auch für die Pflegenden ist es entspannter, sich in die Situation einzufühlen, als zu korrigieren oder zu versuchen, das Verhalten zu unterbinden“, so Kock.

Für pflegende Angehörige bietet die AOK NordWest spezielle Pflegekurse auch online an. Unter www.aok.de/nw/onlinepflegekurs findet sich ein Kursangebot im Chat explizit für die Pflege Demenzerkrankter ‚Dement oder nur vergesslich‘. Außerdem kann das Online-Selbsthilfeprogramm ‚Familiencoach Pflege‘ dabei helfen, die eigene Psyche zu stärken und sich vor Überlastung zu schützen.