Vor Gericht blau gemacht: Haftbefehl statt Polizei-Taxi

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von Andreas Milk
Wegen Fahrens ohne Führerschein, dazu noch unter Drogeneinfluss, sollte an diesem Freitag gegen einen Bergkamener vor dem Amtsgericht Kamen verhandelt werden. Zwei Anklagen lagen vor. Aber: „Es scheint ihn nicht zu interessieren“, stellte der Richter fest. Der Mann aus Bergkamen, mehrfach vorbestraft, fehlte. Und auch sein Verteidiger war nicht zu sehen: Er hatte das Gericht vor dem Termin wissen lassen, schon eine Weile keinen Kontakt mehr zu seinem Mandanten zu haben.

Richter, Protokollführerin, eine wissbegierige Praktikantin, ein Referendar von der Staatsanwaltschaft Dortmund: Alle waren da, und es war der einzige Strafprozesstermin des Vormittags. Angeklagte können zwar durchaus auch in Abwesenheit zu Geldstrafen oder bis zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt werden. Hier allerdings war etwas mehr zu erwarten. Deshalb kam der Erlass eines solchen Strafbefehls nach Aktenlage nicht in Frage.
Also griff der Richter zum Telefon und bat die Polizei um Hilfe: Die möge doch bitte zur Wohnung des Mannes fahren und ihn nach Kamen bringen, wenn es sein müsse, auch mit Gewalt: Keine Einladung wurde hier ausgesprochen, sondern ausdrücklich ein Vorführbefehl. Die Polizei fuhr los. Die Verfahrensbeteiligten im Saal machten Pause.

Die Rückmeldung aus Bergkamen war schließlich enttäuschend: Kein Angeklagter aufzutreiben – nur Angehörige, die den Beamten überrascht versicherten, ihrer Kenntnis nach sei doch der Gesuchte zum Kamener Amtsgericht gefahren…?

Schließlich erließ der Richter gegen den Bergkamener einen Haftbefehl. Sollte die Polizei ihn also zu Gesicht bekommen, würde er in eine JVA gebracht – und müsste dort sehr wahrscheinlich bis zum nächsten Verhandlungstermin „sitzen“.