Volles Hellmig-Krankenhaus zum 130-Jährigen

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Die Hauben der Schwesterntracht hoben sich im Festzelt deutlich ab von den Anzügen, Kleidern und Kostümen. Auch 130 Jahre nach der Gründung des Hellmig-Krankenhauses ist mit den Diakonissen die Geschichte gegenwärtig. Schließlich stellten die Frauen aus Bethel einst das Pflegepersonal, nachdem die Spende einer Schusterwitwe den Bau des Krankenhauses möglich gemacht hatte. Die Frauenhilfe übernahm anschließend die Pflegearbeit. Eine dieser engagierten Frauen, die am Samstag zum Festtag kam, war sogar noch mit der Spenderfamilie verwandt.

Spannende Entdeckungsreise im "Begehbaren Darm".
Spannende Entdeckungsreise im „Begehbaren Darm“.
Historische Exponate im Festzelt.
Historische Exponate im Festzelt.

Der Passus, dass Mitglieder der Spenderfamilie im Krankenhaus beschäftigt werden, ist allerdings seit den 30er-Jahren Vergangenheit. Auch müssen sich die Kranken, die keine Notfälle sind, nicht mehr beim Kamener Bürgermeister für eine Behandlung anmelden. Der Spaten, mit dem der Neubau symbolisch ausgehoben wurde, und beängstigende Varianten vorsintflutlicher Krankenbetten gaben jedoch ebenso einen Eindruck von längst vergangenen Zeiten wie die Bilder in der historischen Ausstellung.

Piksen für die Blutzuckermessung.
Piksen für die Blutzuckermessung.

Der Aktionstag zum Krankenhausjubiläum bot darüber hinaus unzählige Gelegenheiten für  ungewöhnliche Einblicke und denkwürdige Erlebnisse. Wann darf man schon den Handyanruf mit den Worten „ich bin gerade im Darm, ich rufe gleich zurück“ beenden – beeindruckende Herzschläge und Verdauungsgeräusche im Hintergrund. Da wurden Füße vermessen, die Rücken- und Brustmuskulatur erfasst, die Halsschlagader mit Ultraschall durchleuchtet, das Blut nach Zuckerwerten untersucht und das Licht in einem Kasten legte unbarmherzig offen, wie mangelhaft die Handhygiene auch nach vermeintlich eingehender Desinfektion sein kann.

Operation am Gummiherzen und erste Hilfe für den Teddy

Hand anlegen bei der Operation am Gummiherzen.
Hand anlegen bei der Operation am Gummiherzen.

Fasziniert übten sich angehende Abiturienten an den chirurgischen Instrumenten, um im Bauchraum des Plastikpatienten ein Weingummiherzen via Bildschirm zu „operieren“. Der Berufswunsch spätestens jetzt fest. Im Endoskopie-Raum verbreiteten die vielen Instrumente am Ende langer Kanülen zunächst Schrecken, nach den Erläuterungen der Fachfrau jedoch Einsicht in die Notwendigkeit regelmäßiger Darm-Vorsorgeuntersuchungen ab dem 50. Lebensjahr. Denn Polypen können so frühzeitig entdeckt werden. Dann müssen die vielen lebenserhaltenden Geräte der Intensivstation, die in der zweiten Etage besichtigt werden konnten, gar nicht erst zum Einsatz kommen.

Dem Kuscheltier geht es mit Verband wieder prima - und der kleinen Besitzerin auch.
Dem Kuscheltier geht es mit Verband wieder prima – und der kleinen Besitzerin auch.

Gestärkt mit gesunder Kürbissuppe überwanden die ganz kleinen Patienten in der Puppen- und Teddyklinik die Angst vor Spritzen und Verbänden. Den Erwachsenen nahmen dagegen die unzähligen Vorträge vom Schlaganfall über den Gelenkersatz, Prostata-Krebs, Wiederbelebung für den Laien bis zur Brustkrebs-Früherkennung manches mulmige Gefühl. Und auf dem Selbsthilfeboulevard gab es Antworten auf fast jede Frage.

Die Festredner waren sich einig: Die Entscheidung, das Hellmig-Krankenhaus in den Verbund des Klinikums Westfalen zu integrieren, war wichtig – für dem Weiterbestand und für den Patienten. Denn, so Bürgermeister Hermann Hupe: Ein eigenes Krankenhaus ist für eine Stadt wie Kamen ungewöhnlich. Was eine Stiftung möglich machte, ist 130 Jahre später durch die völlig veränderten gesellschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen ein ganz eigenes Problemfeld. Die Fusion war deshalb ein „wichtiger und verzichtbarer Schritt“. Auch dadurch sind Modernisierungen möglich, Jahr für Jahr – inzwischen ist die Station 3 fertig, als nächstes kommt die Station 4 an die Reihe. Insgesamt werden rund 20 Mio. Euro investiert.