Träume im Schlaf, Lebensträume, Kindheitsträume, Traumwelten, Traumvorstellungen. Manchmal stecken sie als Schaufensterpuppe hinter Stacheldraht, dann spiegeln sie sich in Kästen, werden von Federn eingefangen oder sind Formen im Plexiglas. Die Künstlergruppe „Kunstwerkstatt sohle 1“ hat sich mit dem Thema „Träume“ einmal mehr ein schwieriges Thema bei seiner 17. Jahresausstellung vorgenommen.
Was sich vielfältig als Kunst an den Wänden oder auf Podesten in die Räume der Galerie sohle 1 ausbreitete, war auch zwischen den Werken greifbar. Als eine Gedenkminute für den verstorbenen Fritz Stoltefuß eingelegt wurde, der in einem langen und erfüllten Leben ganz persönliche Träume wahr werden ließ. Als sich die Räume einmal mehr rekordverdächtig füllten und Bürgermeister Roland Schäfer dazu nur eine Beschreibung fand: „Das ist ein Traum!“ Und als jenseits aller Programmpunkte Museumsleiterin Barbara Strobel ein Buch mit Fotos und Zeitungausschnitten aus 18 Jahren beeindruckenden Wirkens zusammen mit großen Blumensträußen zu ihrer letzten Ausstellungseröffnung vor dem Ruhestand erhielt. Für sie geht jetzt mit einem neuen Lebensabschnitt in Berlin ein ganz persönlicher Traum in Erfüllung.
In der Traumfabrik den gebrauchten Traum reparieren lassen
Traumhaft war auch das weitere Eröffnungsprogramm. Träume in Noten entlockte Christa Birkefeld dem Flügel mit Schumanns „Träumerei“. Für Dieter Treeck fällt „die Last der Jahre nicht ins Gewicht, denn meine Träume altern nicht“. Er entdeckte mit vorwitzigen Worten den „verdreckten, verbeulten, verschlissenen Traum“, den er in die Traumfabrik trug und reparieren ließ. Er legte der „Toilettenlady“ ihre Träume „zwischen H und D“ in den Mund, während die Gesellschaft bei ihr in die Hocke ging. Und er dichtete Kriszti Kiss ein Couplé auf den Leib, dass mit großartiger Stimme von der Bühnenkarriere und vom „Niemand“ erzählte, der zum Helden wird.
Träumen gab auch Kai-Uwe Semrau Gestalt, als er virtuos simple Seifenlauge in fantastische Formen verwandelte. Die Klangschalen von Jutta Sucker verliehen der Performance den passenden traumhaften Unterton und animierten die 26 Künstlerinnen und Künstler, aus ihren kleinen Seifen-Tierchen noch mehr bunte Traumkugeln in den Raum zu schicken.
Wehmut und feuchte Augen zum Abschied bei Barbara Strobel
Es war jedenfalls nicht die Seife, die Barbara Strobels Augen dann doch ein wenig feucht werden ließen.
Schließlich war es ihre letzte offizielle Amtshandlung, auch wenn bis zur wohlverdienten Rente noch ein Monat Zeit ist. „Ein bisschen Wehmut schleicht sich schon ein, auch wenn ich mich natürlich auf Berlin und die Zeit, die jetzt folgt, sehr freue“, gibt sie zu. „Die großartige Zeit mit der Künstlergruppe, in der sich so vieles getan und entwickelt hat, werde ich schon sehr vermissen“, sagt sie, und blättert gerührt in dem Buch, das nicht nur von ihrem beeindruckenden Wirken im Stadtmuseum erzählt, sondern auch in dem auch ein gewichtiges Stück Bergkamener Kunstgeschichte steckt, das sie selbst mitgestaltet hat. Sie hat „Entscheidendes angestoßen“ nicht nur begleitet, sondern „mit Sorgfalt, Umsicht, Zuverlässigkeit und vor allem menschlicher Wärme mitgestaltet“, so Helmut Ladeck. „Eine tragende Säule bricht weg.“
Die Kontakte nach Bergkamen werden über die Kunst allemal bleiben. Außerdem behält sie einen Zweitwohnsitz ganz in der Nähe in Fröndenberg. „Der Zeitpunkt für den Abschied ist trotzdem ein guter – jetzt, wo der Römerpark auf einem sehr guten Weg ist“, meint Barbara Strobel und dem feuchten Schimmer weicht dann doch wieder ein Strahlen in den Augen. Und das neue Vorstandsmitglied Silke Kieslich erhielt auch gleich einen großen Blumenstrauß.
Wer noch nach Träumen sucht oder sie verloren hat: In der Galerie sohle 1 wimmelt es noch bis zum 31. August davon. Sie verstecken sich im leicht verschwommenen Bild von der Heimat, sie schauen den Betrachter aus den „Katzenträumen“ an, schwingen mit dem „Traumtänzer“ aus dem Bild heraus und offenbaren „Einblicke“ durch zerbrochene Scheiben in Hochhauswelten. Eine vielschichte Entdeckungsreise, die manchmal auch im Bildtitel echte Wahrheiten verkündet: „Es ist nicht das, wonach es aussieht.“