von Andreas Milk
Oft passiert es nicht – manchmal aber eben doch: dass die Justiz einfach den Falschen erwischt. Ein 63-Jähriger aus Gelsenkirchen soll in der Nacht zum 15. August 2019 an einer Tankstelle auf der Werner Straße einen anderen Autofahrer als „Hurensohn“ beschimpft haben. Das jedenfalls war die Anklage der Staatsanwaltschaft. Der Strafrichter in Kamen sprach den Mann frei.
Eingebrockt hatte ihm den Prozess sein Arbeitgeber. Der Gelsenkirchener war regelmäßig mit einem Kleintransporter der Firma auf Tour. Als die Strafanzeige wegen Beleidigung gestellt wurde, begannen Ermittlungen. Die Firma teilte mit, zur fraglichen Zeit – um Mitternacht – habe der 63-Jährige am Steuer gesessen. Also richtete sich die Aufmerksamkeit von diesem Moment an auf ihn.
„Hurensohn“ genannt wurde damals ein Mitarbeiter von Amazon auf dem Heimweg von Werne nach Fröndenberg. Als Zeuge erzählte er vor Gericht, der Fahrer eines Kastenwagens hinter ihm habe mehrfach die Lichthupe betätigt. Nachdem beide Fahrzeuge die Tankstelle angesteuert hatten, sei schließlich das Schimpfwort gefallen. Der angeklagte Gelsenkirchener sei aber definitiv nicht derjenige gewesen, der da so ausfallend geworden sei. Ein Kollege und Mitfahrer des Amazon-Mannes bestätigte das.
Wer sich denn da nun so unfein geäußert hat, bleibt unklar. Als „Kandidat“ war zunächst noch ein weiterer geladener Zeuge im Rennen. Allerdings zeigte die Begegnung mit den beiden Amazon-Leuten im Gerichtssaal: Nee – der war es auch nicht.