Die berühmte Pfeife liegt schon bereit. Der karierte Hut hängt neben der Melone an der Garderobe. Vor der Bühne flitzen Kindern mit Fahrrädern herum, spielen Fußball, laufen spritzend durch die Becken im Wasserpark. Im Zelt zwischen den Hochhäusern wird Lippenstift aufgetragen, der Lidstrich nachgezogen, eine Schleife im Haar festgebunden. Dass die jungen Schauspieler zum ersten Mal unter freiem Himmel vor einem so großen Publikum auftreten ist ihnen nicht anzumerken.
Überhaupt war dieses TheaterOpenAir eine Premiere. Zum ersten Mal trat keine Profi-Truppe vor die einmal mehr zahlreichen Zuschauer. Die Bühne war am Samstag voll und ganz für heimische Schauspiel-Talente reserviert. Drei Monate hatten die Nachwuchs-Truppe der Volksbühne 20 im Yellowstone in Oberaden für diesen großen Auftritt geprobt. Eine tolle Chance für „Spottlight“, denn derart große Aufmerksamkeit gibt es selten. Mit zwei Aufführungen hatten sie sich im Vorfeld bereits vor kleinerem Publikum „warmgespielt“. Als sich der Wasserpark stetig füllte, war immer noch kaum Nervosität hinter der Bühne zu spüren.
Ganze Bollerwagen randvoll mit Verpflegung werden neben den Stuhlreihen geparkt. Hunde rollen sich auf den Grastufen der Arena ein und lauschen mit gespitzten Ohren. Füße wippen zu den beschwingten Schlagern, die „Kabellos“ von der gleichnamigen Band rund um die Stuhlreihen zum Besten gegeben wird. Der eine gönnt sich noch schnell eine Bratwurst, andere nippen am Wein und kosten vom Flammkuchen. Etwas besorgt geht der Blick zu den dunklen Wolken am Himmel über der City.
Heiße Luft rund um den berühmten Detektiv
Dann hat Sherlock seinen großen Auftritt. Wobei es eher die Frauen sind, die auf der Bühne ganz schnell das Sagen haben. Denn tatsächlich ist der berühmte Detektiv nichts als heiße Luft. In Wahrheit löst Haushälterin Martha die kniffligen Fälle. Erst recht in diesem Fall, der es in sich hat. Die Schwestern Susie und Charly sind angetreten, um Sherlock Holmes den Garaus zu bereiten. Sie präsentieren ihm einen Fall, der unlösbar ist – aus Rache.
Holmes ist jedenfalls vor allem eines: genial, brillant und nicht wirklich er selbst. Denn der Titel des Stücks lautet schließlich „Sherlock in love“. Eine Journalistin ist auf der Suche nach dem Riesenknüller für eine alles andere als echte Zeitung, die Themse stellt sicht als überraschend lang heraus und überhaupt geht es drunter und drüber in diesem Theaterstück. Der Autor Kai Hinkelmann hat den Nachwuchsschauspielern noch kurz vor ihrem Auftritt via Facebook viel Glück gewünscht und mitgefiebert.
Nach der Pause lichteten sich die Stuhlreihen deutlich. Trotzdem gab es prächtigen Applaus für die ambitionierte Darbietung von „Spottlight“. Die Gruppe dankte denn auch der Stadt für diese „tolle Chance“ – und dem Himmel dafür, dass er keine Regentropfen über Bergkamen herunterließ. Übrigens: Spottlight probt immer sonntags ab 14 Uhr im Yellowstone und freut sich über jeden, der sie auf oder hinter der Bühne unterstützt. Vom 14. bis 16. Juli findet die zweite Runde von „Sommer in Bergkamen“ statt – mit dem „Weingenuss am Wasser“.