von Andreas Milk
21 Jahre alt, angehende Medizinstudentin, schon als Jugendliche ehrenamtlich engagiert, redegewandt – und Ladendiebin: Die Bergkamenerin Bahira H. (Name geändert) stand vor dem Kamener Jugendrichter, weil sie in Lünen im großen Stil Parfüm gestohlen hatte. Gemeinsam mit ihrer etwas jüngeren Schwester steckte sie im Drogeriemarkt Müller Probenfläschchen im Wert von 721,75 Euro ein. Bahiras Anteil machte dabei knapp 600 Euro aus. Die Tat geschah am Nachmittag des 30. März. Heute spricht Bahira H. von einer Riesendummheit. Ihre Schwester und sie seien – warum auch immer – beim Shoppen auf dämliche Ideen gekommen.
Eine Vertreterin der Bergkamener Jugendgerichtshilfe warb dafür, statt des Erwachsenenstrafrechts das Jugendstrafrecht auf Bahira H. anzuwenden. Darauf wollte der Vertreter der Staatsanwaltschaft sich ebenso wenig einlassen wie der Richter – eben weil die junge Frau ihrem Bildungsgrad, ihren Zukunftsplänen und ihrem Einsatz fürs Gemeinwohl nach eine Erwachsene sei. Also: keinerlei Verzögerungen im „Reifungsprozess“ – eher im Gegenteil. Obendrein, so der Anklagevertreter, habe das Schwesternduo nicht bloß eine Tüte Bonbons eingesackt, sondern durchaus kostspielige Ware. Es handelte sich bei den Parfümflaschen um Tester, die nicht gegen Diebstahl gesichert waren.
Das Urteil: Bahira H. soll eine Geldstrafe zahlen von 30 Tagessätzen à 10 Euro. Entscheidend ist die 30: Erst eine deutlich höhere Zahl von Tagessätzen – 90 plus x – führt zu einem Eintrag ins Führungszeugnis, das zum Beispiel mögliche künftige Arbeitgeber anfordern könnten. Die 30 dagegen bleibt quasi Betriebsgeheimnis der Justiz – es sei denn, Bahira H. baut nochmal Mist.
Ihre Schwester und Komplizin bekommt einen Strafbefehl mit demselben Urteil zugestellt. Sie konnte nicht zum Verhandlungstermin kommen, weil eine nicht aufschiebbare Prüfung im Rahmen ihres Studiums anstand.