Die ersten standen schon morgens Schlange. Die Karten für den Theaterverein waren auf dem Overberger Weihnachtsmarkt so begehrt, dass die ersten Interessenten bereits um 8.30 Uhr zur Stelle waren. Dabei öffneten die 10 Hütten und 31 Stände erst um 14 Uhr. Überhaupt war kaum ein Durchkommen vor und in der Grundschule. Menschenmengen schoben sich durch die Gänge. Nach zwei Jahren Weihnachtsmarktdürre war der Nachholbedarf fast schon überirdisch.
Nach Serien von Lockdowns und Beschränkungen genossen es die Besucher in vollen Zügen, wieder vollständig frank und frei an den Ständen vorbeizuschlendern. Denn genau das macht den Overberger Weihnachtsmarkt aus: Alle sind hier dabei. Endlich kann man sich wieder ungezwungen treffen. Ob mit Zuckerwatte oder Glühwein, spielt dabei fast eine untergeordnete Rolle. Der Weihnachtsmarkt ist ein großes Gemeinschaftswerk, und das machte in diesem Jahr besonderen Spaß. Nicht nur deshalb, weil sich endlich auch wieder der Weihnachtsmann mit Geschenken blicken ließ.
Kreativität als Therapie
An den Ständen war die Erleichterung ebenfalls zu spüren. Viele wussten in den zwei Corona-Jahren fast nicht mehr wohin mit ihrer Kreativität. Wie Angelika Mechnig. Die Tische an ihrem Stand bogen sich fast vor selbstgeschaffenen weihnachtlichen Wunderwerken. Nichts, was sich hier aufreihte, war gekauft. Alles hatte ein Vorleben. Wie die Ausstechförmchen, die sich in Weihnachtsbaumanhänger verwandelten. Altes Notenpapier schmückte Engelskörper, frühere Teelichtbehälter wurden unter ihren Händen zu Kerzenhaltern für den Christbaum. Eine Heerschar aus Engeln rasselte an den Ständern, denn ihre Köpfe waren aus alten Glöckchen aufgesteckt.
„Mir macht es einfach Spaß, mir für gebrauchte Dinge ein neues Leben auszudenken“, sagt sie. Die Kreativität ist für sie aber auch Therapie. „Ich habe Parkinson und die kreative Arbeit hilft mir, die Symptome besser zu bewältigen.“ Besonders stolz ist sie auf ein echtes Stück Overberger Tradition. Der Koffer, den sie auf dem Dachboden der Schwiegereltern gefunden hat, begleitete früher die Overberger Handballer. Jetzt ist er aufgepeppt und umgemodel eine echte Zierde für ihren Stand.
Nur ein paar Meter weiter hat die Motorsäge Holzstämme in Weihnachtsmänner verwandelt – für den guten Zweck. Schülerinnen und Schüler sämtlicher Jahrgänge verkaufen selbstgebastelten Weihnachtsschmuck, der in wochenlanger Arbeit entstanden ist – auch für den guten Zweck, nämlich für ihre Schule. Die Feuerwehr rührt fleißig den Glühwein an, Eltern verkaufen Waffeln und Kuchen. Was man vom Bier bis zur Körperlotion alles aus Honig machen kann, fasziniert jeden, der an dem Stand vorbeischlendert. In Overberge ist alles selbstgemacht – von der Babysocke bis zum Gelee. Auf der Bühne wechselt ein Verein den anderen ab: Schreberjugend, Heil-Lights, Sunshine Kids: Die Menge ist im Dauerapplaus begeistert und verstopft punktuell jedes Weiterkommen.
„Wir sind einfach nur froh“, sagt Ortsvorsteher Herbert Bartkowiak. „Froh, dass der Weihnachtsmarkt gut besucht ist – fast noch besser als vor corona. Froh, dass alle gut gelaunt sind und froh, dass alles gut geklappt hat.“ 2020 war das Aus zwei Wochen vorher gekommen, als alles schon geplant war.