„Es ist ein Unterschied, ob ich eine Vorlage des Bundesinnenministers lese oder mir vor Ort einen Überblick über die Flüchtlingssituation verschaffe“, erklärte SPD-Bundestagsabgeordneter Oliver Kaczmarek in der vergangenen Woche bei einem Besuch der Zentralen Unterbringungseinrichtung in Bergkamen.
Was in Berlin eher abstrakt ist, wurde im Gespräch mit Bergkamens Sozialdezernentin Christine Busch und den Johannitern, die die Landeseinrichtung am Wellenbad seit Mitte Oktober vergangenen Jahres betreiben, konkret: Den Helferinnen und Helfern geht es nicht allein darum, den Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf zu bieten. Sie hören den Menschen zu, sind für sie da, begleiten sie zum Amt oder zum Arzt, bieten Sprachkurse, Freizeitbeschäftigung und Kinderbetreuung an.
Die Bergkamener Notunterkunft musste – wie viele andere Einrichtungen auch – innerhalb weniger Tage aufgebaut und eingerichtet werden. Mit allen Unwägbarkeiten, die mit der Errichtung einer behelfsmäßigen Übergangswohnstätte einhergehen. „Es war eine besondere Situation, die wir alle gemeinsam gestemmt haben“, lobte Wolfgang Baumbach, Geschäftsführer des Regionalverbandes Östliches Ruhrgebiet der Johanniter-Unfall-Hilfe, die hochmotivierten Haupt- und Ehrenamtlichen.
Ursprünglich sollte die Unterkunft, in der zur Zeit rund 230 Bewohnerinnen und Bewohner aus den verschiedensten Ländern dieser Welt leben, am 31. März aufgelöst werden. Was aus Bergkamener Sicht eine fatale Entscheidung gewesen wäre, wie Sozialdezernentin Busch einräumte. Ausgehend von den ursprünglichen Verabredungen mit der Bezirksregierung Arnsberg über den Fortbestand und eine anschließende dauerhafte Unterbringungseinrichtung im Stadtgebiet sei man angewiesen auf die Kapazitäten am Wellenbad, da es an angemessenem Wohnraum fehle. Inzwischen aber kann die Stadt aufatmen: Die Kommune habe die Zusage der Bezirksregierung, dass die Notunterkunft bis September weiterbetrieben und an einer Anschlusslösung gearbeitet werde, so Busch.
Eine Entscheidung, die auch die Johanniter begrüßen. „Wir wollen zwar der Notnagel sein, aber unser Ziel ist Langfristigkeit“, erklärte Baumbach. Die brauche es, um die Integration der Menschen in der neuen Heimat zu unterstützen.
„Wir müssen jetzt politisch dazu kommen, mehr in Integrationsmaßnahmen zu investieren“, bestätigte auch Oliver Kaczmarek, der seit dem Frühjahr vergangenen Jahres regelmäßig Einrichtungen der Flüchtlingsunterbringung und ehrenamtliche Initiativen in seinem Wahlkreis besucht. Ob Kitas, Schulen oder Arbeitsmarkt – es lohne sich, heute Geld für einen zügigen Spracherwerb, für Qualifizierungsmaßnahmen und Arbeitsmarktintegration aufzuwenden, so der Abgeordnete.