Die Zeiten, in denen Produkte aus Behindertenwerkstätten vor allem wegen des Mitleidfaktors verkauft wurden, sind längst vorbei. So finden sich beispielsweise speziell hergestellte Duschvorhänge aus den Hellwegwerkstätten der Perthes-Stiftung in Luxusschiffen. Leuchten mit LED-Technik wurden auch schon in Hotels in Dubai installiert. „Wir sind gut ausgelastet“, berichteten der Betriebsleiter der Nicolaiwerkstatt in Oberaden Burkhard Jung und der Geschäftsbereichsleiter Perthes Arbeit Michael Dreiucker am Donnerstagmorgen ihren Besuchern.
Bürgermeister Roland Schäfer und die beiden Wirtschaftsförderer im Rathaus, Simone Krämer und Walter Kärger waren zu ihrem vierten Betriebsbesuch in diesem Jahr gestartet. Und der führte sie diesmal in die Schlenke. Rund 200 Frauen und Männer werden dort beschäftigt. Am Donnerstag waren nicht alle da. Ein Teil der Belegschaft befand sich auf einem Ausflug. Und es gibt auch eine Außengruppe, die lieber an der frischen Luft arbeiten will und auch mieses Wetter gut aushält. Sie hält unter anderem im Auftrag der Stadt Bergkamen den Parkfriedhof gärtnerisch in Schuss.
Es gibt eine Reihe heimischer Firmen, die die Qualität und die Zuverlässigkeit der Nicolai-Werkstatt zu schätzen wissen. Einige ziehen sogar die Experten der Pertheseinrichtung zu Rate, wenn es um die Entwicklung neuer Produkte geht. Dann nämlich, wenn sie in der Nicolai-Werkstatt hergestellt werden sollen. „Wir passen dann die Arbeitsvorgänge an die Fähigkeiten unserer Mitarbeiter an“, erklärte der Leiter Technik Peter Nolte.
Mit den Erlösen ihrer Produktion finanziert die Nicolai-Werkstatt ihre technische Ausrüstung. Dazu gehören auch sehr teurer CNC-Maschinen oder die drei 12-Tonnen-Lkw, mit denen die fertigen Produkte zum Auftraggeber oder auch direkt zu dessen Kunden transportiert wird. Einer dieser Kunden ist auf den britischen Inseln beheimatet. Zwangsläufig kam bei einigen Mitarbeitern die nicht ganz unberechtigte Frage auf: „Was macht der Brexit mit uns?“ Die Höhe der Erlöse bestimmt dann auch die Höhe der Entgelte, die die Mitarbeiter erhalten. Gewinne macht die Perthes-Stiftung mit keiner ihrer Werkstätten und das darf sie auch nicht
Die Kosten für die psychische Betreuung und auch für die teilweise sehr aufwändige Pflege werden aus Mitteln bestritten, die der Landschaftsverband beisteuert. Etwa 30 Schützlinge der Stiftung sind so stark behindert, dass sie keiner Arbeit mehr nachgehen können. Für eine dieser drei Gruppe stand am Donnerstag die Weihnachtsfeier auf dem Programm mit einem Essen, das gerade von einem Partyservice geliefert wurde.
Im Gegensatz zu anderen Regionen steigt die Zahl behinderter Menschen im Altkreis Unna (Kreis Unna ohne Lünen und Schwerte) weiter an. Die Perthes-Stiftung ist dafür zuständig, für sie sinnvolle Arbeitsmöglichkeiten zu entwickeln. Neben den fast 200 Beschäftigten in der Nicolai-Werkstatt kommen weitere 60 Plätze im Schacht III sowie 80 Plätze für psychisch Kranke im „Hellweg Industrie Service“ in der Marina Rünthe hinzu. Betreut werden sie von etwa 50 Angestellten der Perthes-Stiftung. Viele von ihnen sind Heilerziehungspfleger, Heilpädagogen und auch Handwerksgesellen und Meister, die eine heilpädagogische Zusatzausbildung absolviert haben.
„Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter stolz auf ihre Arbeit sind, wenn sie zum Feierabend wieder nach Hause fahren“, betonte Michael Dreiucker. Der Betriebsbesuch am Donnerstag verdeutlichte, dass dieses Ziel bei vielen Beschäftigten in der Schlenke auch erreicht wird.
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