Mit Seifenkisten-Virus Grand Prix Punkte sammeln

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Der eine sitzt in seiner Zinkwanne mit einer Fliegermütze auf dem Kopf. Der nächste schaut mit einer Fliegerbrille aus der umgedrehten Zinkwanne heraus. Andere müssen im wahrsten Sinne die Beine in die Hand nehmen, um in ihre Seifenkiste zu kommen, die einem fast realen Lkw nachempfunden ist. Wieder andere können nur über die Nasenspitze hinweg die Strecke überhaupt erkennen. Auch beim 34. Seifenkisten Grand- Prix in Oberaden war für jeden Geschmack etwas dabei.

So sehen hochgradig mit dem Seifenkisten-Virus Infizierte aus: Auch eine Zinkwanne kommt mit beachtlichem Tempo ins Ziel.
Von jetzt an geht es immer nur bergab: Auf der Alisostraße nehmen die Seifenkisten nach dem Start von der Rampe ordentlich Fahrt auf.

Weniger als 30 Sekunden dauert es, wenn alles gut läuft. Die 15 Jahre alte, selbst gebaute Rampe hebt die Seifenkisten in die Höhe. Von da an geht es auf der Alisostraße nur noch bergab. Auf die Bremse steigt jeder erst, wenn die Lichtschranken längst durchquert sind. Bis dahin ist pures Adrenalin in den Adern unterwegs. Der Virus kann sich voll entfalten

Die Beine in die Hand nehmen muss Peter Szabowski, um in seine selbstgebaute Seifenkiste zu klettern.

Wie bei Peter Szabowski. Eigentlich war es die Tochter, die vor drei Jahren unbedingt eine eigene Seifenkiste haben wollte. „Das hat dann so viel Spaß gemacht, dass ich mit eingestiegen bin“, erzählt der Familienvater aus Billerbeck. Nicht nur das. Er hat auch seinen Chef mit seiner Begeisterung angesteckt. Der war Feuer und Flamme, dass sein Mitarbeiter den eigenen Firmenwagen des Fensterbetriebes in ein Seifenkisten-Pendant verwandeln wollte und sponserte das ungewöhnliche Unternehmen. Sechs Wochen hat Peter Szabowski aus Dachlatten und Sperrholz einen Mini-Lkw gezimmert, der allen Anforderungen einer Seifenkiste genügt. Welche Regeln dafür genau gelten, „dass mussten wir erstmal im Internet recherchieren“, erzählt er lachend. Stattliche 75 Kilo wiegt das Ergebnis. Es fährt ebenso respektable Erfolge ein. Im 2. Rennen Rang 2 und 3 können sich sehen lassen.

Außergewöhnlicher Zusammenhalt

Und schon im Ziel: Das kann schon mal weniger als 30 Sekunden dauern.

87 Teilnehmer waren einmal mehr nach Oberaden gereist, um hier in fünf Klassen bei den Junioren, Senioren, in der Elite XL- und Elite Ü18- sowie in der Open Class die Gewinner und Wertungen für den Deutschen Seifenkistenderby auszufahren. Die weiteste Anreise hatten Seifenkisten-Sportler aus der Eifel. Sie alle haben eines gemeinsam. „Wir sind alle irgendwie ein bisschen bekloppt“, meint Norbert Schröer. Er ist der 2. Vorsitzende des Seifenkistenverbandes NRW und ist ebenfalls über die Tochter an den unheilbaren Seifenkisten-Virus gekommen. Bekannten waren eigentlich gekommen, um Geburtstag zu feiern, ließen aber mit einer simplen Frage den Virus los: „Willst Du nicht mal mitfahren?“ Noch in der Nacht war entschieden: Die Tochter wollte. Sie ist heute 27 Jahre alt und fährt immer noch. Der Vater ist schon seit 2002 Funktionär und inzwischen der Vorsitzende des größten Seifenkisten-Vereins in Deutschland in Mettingen.  „Es ist der außergewöhnliche Zusammenhalt. Viele Familien fahren schon in der dritten oder vierten Generation“, erzählt er, der noch nie in einer Seifenkiste gesessen hat. „Da passe ich gar nicht rein“, sagt er lachend.

Auch für das Rahmen-Programm sorgt die Seifenkisten-Familie wie hier beim Kinderschminken.

Ein bisschen verrückt müssen auch alle sein, die jedes Wochenende in ganz Deutschland mit den zumeist selbst gebauten Gefährten unterwegs sind. Zumal hier nicht nur viel Sportsgeist gefragt ist, wenn die Fahrzeuge immer wieder den Hang hinaufgezogen werden müssen. „Wir mussten jetzt auch zum ersten Mal Autos auf beiden Seiten der Strecken als Sperren querstellen – aufgrund der Terrorgefahr“, erzählt Organisator Michael Sulitze. Dafür hat diesmal das Wetter mehr gehalten als versprochen: Immerhin am Vormittag war es sonnig und trocken – bevor am Nachmittag die dicken Regenschauer kamen.

 

Abmarsch: So schnell es hinunter geht, so mühsam geht es wieder hinauf zur Startrampe.

Rotes Kreuz, Technisches Hilfswerk, Feuerwehr und Stadt: Viele Helfer trugen wieder dazu bei, dass die jahrzehntelange Seifenkisten-Tradition in Bergkamen am Leben gehalten wird. Kuchen backen, Kindergesichter verzieren, Tombola organisieren, die Strecke absperren, Zeiten nehmen: Es gibt viel zu tun bei einem Seifenkisten Grand Prix. Zum ersten Mal dabei war diesmal ein Fahrsimulator, der nicht nur auf dem Bildschirm echtes DTM-Feeling aufkommen ließ. Das Fahrzeug schleuderte auch fleißig mit, wenn es zu heftig in die Kurve ging. Hier konnte mancher Seifenkisten-Pilot schon einmal seine Qualitäten für motorisierte Alternativen testen.