Mammuts und Nashornzähne: Museumsnacht lädt ein zum Blick hinter die Museums-Kulissen

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Versteinertes Elfenbein aus der Urzeit: Im Museum wird gerade die Vorgeschichte bearbeitet.

Eigentlich ist es ja eine Museumsnacht. Die macht aber auch morgens gehörigen Spaß. Zumal sie am Sonntag zum ersten Mal im fast fertig umgebauten Oberadener Stadtmuseum stattfand, obwohl das noch nicht komplett geöffnet hat. Und: Es ging hinter die Kulissen. Da durften sogar die Exponate mit Samthandschuhen angefasst werden – im wahrsten Sinne.

Wird mit Handschuhen angefasst: Das gewaltige Gebiss eines Höhlenbären.

Wer da einen Mammutstoßzahn mal eben mit einer Hand greifen wollte, der wunderte sich nicht schlecht. Die versteinerten Verteidigungswerkzeuge der zotteligen Lebensgefährten unserer Vorfahren brauchen schon ein gutes Stück Kraft, auch wenn sie beileibe nicht von ausgewachsenen Exemplaren stammen. Imposant auch der Zahn eines Vorfahren heutiger Nashörner. Was Museumsleiter Mark Schrader dort aus dem Seidenpapier wickelte, bräuchte schon eine stattliche Sackkarre, um in fortzuschaffen.

Ganz schön groß: Nashornzähne aus der Urzeit.

Foto-Kameras stehen auf der Fensterbank, Reprostative, Handschuhe liegen herum. Überall Zettel für die Einordnung und spätere Beschriftung. Was von den vielen Fundstücken der Urgeschichte einmal in den Vitrinen landet, steht noch nicht fest. „Vieles müssen wir noch mit den Fachleuten genauer datieren“, so Schrader. Hier, auf diesen Tischen, passiert jedenfalls echte Museumsarbeit. Funde sind gerade aus Lünen zurück nach Bergkamen geholt worden. Dafür gibt es vieles, was andere Forscher hier deponiert haben, obwohl es von ganz anderen Fundorten stammt. „Datteln“, steht auf einem versteinerten Knochen. Der Grund: Früher war die Museumslandschaft noch ganz anders strukturiert als heute. Und Privatforscher spielten eine gesonderte Rolle.

Es ist jedenfalls spannend, was an den Ufern der Bergkamener Bäche zum Vorschein gekommen ist. Höhlenbären und winzige Urzeitpferde tummelten sich dort zusammen mit Nashörnern und Varianten der heutigen Elche. In den Vitrinen liegen bereits Steinwerkzeuge vom Beil bis zur Axt und Speeren, die von den Urmenschen für die Jagd und das bloße Überleben verwendet wurden. Zu sehen sein soll das alles noch in diesem Jahr, so der Auftrag. Vieles hat den Fortgang des Museumsumbaus als freiwillige Leistung bereits aufgehalten. Nach Corona kamen Baukostensteigerungen von bis zu 80 Prozent. Aktuell fehlt noch ein zweiter Rettungsweg, der Bauabschnitt vor der Tür macht immerhin schon Fortschritte, auch wenn die Ständer für die Fahrräder hinter den Bauzäunen noch unerreichbar sind.

Funde aus der Zigarrenkiste

Ein Scherbenhaufen? Von wegen: Die Keramik aus der Römerzeit verrät viel über den Alltag im Römerlager.

Spannend ist auch die römische Abteilung. Hier liegt überall das, was der Laie als Scherbenhaufen bezeichnen würde. Zerbrochene Tongefäße in allen Varianten. Doch auch hier können Forscher mit modernen Untersuchungsmethoden anhand der Isotope im Ton herausfinden, wo sie herkommen und was sie zu Zeiten von Kaiser Augustus und später alles enthielten. „Wein, Fischsauce, Oliven + Olivenöl“, steht auf den Notizzetteln in den Schachteln und Kisten. Einiges ist noch in den originalen Verpackungen abgelegt, darunter eine uralte Zigarrenkiste des Ausgräbers. Amphoren aus Spanien und von der Adria, feine Terrakotta-Teller, Lampen und Münzen: Es ist ein buntes Durcheinander, das viel über das Leben im Römerlager verrät.

Auch das ist Bergkamener Geschichte: Bomben aus dem Weltkrieg.

Direkt daneben liegt eine versinterte Holzleiter aus einem Bergbauschacht, eine Seltenheit ihrer Art. Ein paar Räume weiter stehen noch die Möbel aus verschiedenen Epochen der Neuzeit. Auch hier gibt es Geschichten zu erzählen. In der alten Schulklasse soll das Thema Nationalismus behandelt werden – von der Kaiserzeit bis zur heutigen brandaktuellen Entwicklung. Der entschärfte Blindgänger soll zur Diskussion mit der Kriegszeit, den Bomben auf die Bergwerke, die chemischen Werke und Hintergründe über das Konzentrationslager Schönhausen anregen. „Wir haben hier auch Integrationskurse zu Gast, darunter viele Teilnehmer aus der Ukraine. Die sehen hier oft zum ersten Mal, dass auch Deutschland eine schmerzhafte Kriegsvergangenheit hat“, erzählt Schrader.

Diskutieren wollten hier auch die Teilnehmer der Führung noch lange. Aber es gab noch weit mehr in Bergkamen in dieser Museumsnacht am Tage zu entdecken. Den Römerpark beispielsweise mit einigen Handwerkern. Oder eine Führung durch Rünthe und seine Bergbauvergangenheit. Eine spannende Zeitreise mit vielen seltenen Einblicken und Ausblicken.