Grenzwertig war das Jahr 2023 für die Lebensretter der Freiwilligen Feuerwehr. Es gab deutlich mehr Alarmierungen und Einsätze. Viel zu tun für die ehrenamtlichen Einsatzkräfte vor allem für Menschen in Notlagen, bei Wasser- und Sturmschäden und bei Verkehrsunfällen oder -störungen. Auch überörtlich mussten die Wehrleute den benachbarten Kollegen doppelt so häufig unter die Arme greifen. Die Feuerwehr hat es hautnah mit Klimawandel & Co. zu tun. Und seit längerem bereits mit den Auswirkungen eines gesellschaftlichen Wandels. Darauf müssen sich alle vermehrt einstellen – technisch, personell, mit Fortbildungen.
2024 wird sich jedenfalls vieles auf diese neuen bzw. sprunghaft angestiegenen Herausforderungen ausrichten, so die Bilanz der Feuerwehrleitung um Dirk Kemke, Bernd Externbrink und Dirk Meyer-Jürgens zusammen mit der 1. Beigeordneten Christine Busch. 200 Einsätze gelten als „Schallgrenze“ für die noch machbare Zahl an Einsätzen. „Für unsere Einheiten in Mitte und Weddinghofen ging es mit jeweils 230 bzw. 226 Alarmierungen 2024 bereits über diese Grenze hinaus, auch wenn die Einsätze noch darunterblieben“, so Wehrleiter Dirk Kemke. „Wir waren und sind jedenfalls stark gefordert: Wir mussten diesen Ansprung 2023 bewältigen und stellen und darauf auch 2024 ein“, so Dirk Kemke.
Deutlich mehr Einsätze und Alarmierungen
636 Einsätze waren es insgesamt 2023. Das sind 101 Einsätze mehr als im Vorjahr. Alarmierungen gab es noch viel mehr: 923 insgesamt. Einsamer Spitzenreiter: Menschen in Notlagen. 136 Mal mussten zumeist ältere und hilflose Menschen hinter der verschlossenen eigenen Haustür aus misslichen Lagen befreit werden. 2022 waren es noch 107 Einsätze. „Unsere Gesellschaft verändert sich. Viele ältere haben keine Anbindung mehr an einen Familienverbund oder eine intakte Nachbarschaft. Sie wissen sich nicht selbst zu helfen oder können es nicht – deshalb können wir hier auch nichts verübeln“, so Dirk Kemke. 120 Kleinbrände finden sich auf Rang 2 der „Rangliste“ für 2023 (2022: 106). Dahinter folgen sofort die blinden Alarmierungen (2023: 84, 2022: 82). Den mächtigsten Anstieg erlebten jedoch Einsätze bei Wasser und Sturmschäden: 75 waren es 2023, darunter auch die mehrtägige Hilfe mit vielen Beteiligten an der Lippe in Hamm mit Hochwasser und drohendem Dammbruch. Im Vorjahr waren es nur 42. Einsätze. Zugenommen haben auch Alarmierungen bei „Kleinigkeiten“: Ein herabgefallener Ast auf dem Gehweg, beispielsweise.
„Wir richten uns darauf ein, dass auch diese Einsätze in Zukunft mehr werden. Wir bieten beispielsweise vermehrt eine Kettensägenausbildung an“, berichtet Dirk Kemke. Technisch wir aufgerüstet, auch hinsichtlich der Kleidung. „Die übliche Multifunktionskleidung kommt bei diesen Einsätzen mit Vegetationsbränden wegen Trockenheit oder Hochwasser an ihre Grenzen“, so Kemke. 2024 wirft auch die anstehende Autobahnbaustelle ihre Schatten voraus: „Wir haben uns bereits mit den Kamener Kollegen über Erfahrungswerte ausgetauscht und stellen uns auf Verkehrsunfälle und andere Szenarien ein, hier geht es vor allem um die psychosoziale Unterstützung.“ Aber auch die vermehrte Präsenz von schwierig zu handhabenden E-Autos bei Unfällen ist sicher. Fortbildungen erfordern auch Brände, bei denen Photovoltaik im Spiel – ebenfalls eine neue Herausforderung in Zuge des Energiewandels.
Viele neue Freiwillige gefunden
Personell ist die Feuerwehr dafür gut aufgestellt. Mit 209 freiwilligen Feuerwehrfrauen und -männern geht sie ins neue Jahr. „2023 hatten wir kurzfristig noch Sorge, dass wir unter 200 bleiben.“ Viel Werbung und das Ahrtal als „Aha-Ereignis“ hat jedoch viele neue Helfer für das Ehrenamt bei der Feuerwehr begeistert. „Allein in Heil haben wir jetzt 5 Leute – das ist besonders bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass es hier besonders große Sorgen gab und der Stadtteil sehr klein ist“, betont Kemke. Gebrauchen kann die Feuerwehr jedoch weiterhin Verstärkung. „Vor alle bei der Betreuung der Jugendfeuerwehr“, appelliert Christine Busch.
2024 wird der Bau des neuen Gerätehauses in Oberaden weiter vorangetrieben, nachdem sich das ursprünglich vorgesehene Gelände der früheren Jahnschule als zu klein herausgestellt hat. „Die Planung benötigt Zeit und wir brauchen auch externe Experten“, betont Christine Busch. Vorgespräche gab es schon, jetzt werden die Checklisten und die zeitliche Abfolge in Angriff genommen. Der Fahrzeugpark der Feuerwehr wird um zwei neue Einsatzleitwagen für Mitte und Oberaden aufgestockt, bestellt sind sie bereits. Aufgerüstet hat übrigens auch das Rathaus: Hier steht neuerdings ein Feuerwehrfahrzeug. Mit einer ganzen Reihe von Feuerwehrleuten unter den Mitarbeitern in der Verwaltung konnte eine „gesicherte erste schnelle Truppe“ als eigene Staffel mit sechs Personen gebildet werden.
Die „schnelle Truppe“ ist auch relevant für den Brandschutzbedarfsplan. Der liegt bei der Bezirksregierung zur Vorprüfung, erstellt mit externer Begleitung. Ende Februar wird eine Rückmeldung erwartet, im März kann dann der Rat entscheiden. „Es ist jedes Jahr aufs Neue eine Herausforderung“, betont Christine Busch. Die Zuversicht ist groß, dass auch 2024 alles wie geplant genehmigt wird.