Auf Initiative des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog wurde 1996 der 27. Januar – der Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz 1945 – in der Bundesrepublik Deutschland offiziell zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, so auch in Bergkamen. Am Montag fand diese Gedenkfeier, zu der der Arbeitskreis Demokratie eingeladen hatte, in einem neuen Rahmen statt. Ein Grund war sicherlich die Zusammenarbeit mit dem Gymnasium und der Willy-Brandt-Gesamtschule.
Treffpunkt war diesmal auf dem ehemaligen Kommunalfriedhof im Bereich des Übergangs zum Stadtpark. Dort befinden sich das große Ehrenmal und zahlreiche Gräber von Opfern der Luftangriffe während des Zweiten Weltkriegs auf die ehemaligen Chemischen Werke Bergkamen. Dabei wurden zahlreiche Wohngebäude der ehemaligen Gemeinde Bergkamen zerstört sowie viele Bürgerinnen und Bürger getötet.
Ihre letzte Ruhestätte fanden dort aber auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, die ab 1940 nach Bergkamen, Rünthe, Weddinghofen und Oberaden verschleppt wurden. Die meisten mussten unter Tage auf den drei Zechen, Grimberg 1/2, Grimberg 3/4, Haus Aden sowie beim Aufbau der Chemischen Werke arbeiten.
Wie viele nach Bergkamen aus der ehemaligen UdSSR, Polen und anderen Ländern verschleppt wurden, ist unbekannt. Es müssen allerdings Tausende gewesen sein. Unklar ist auch, wie viele umgekommen sind. Einige sind auf dem Kommunalfriedhof in Bergkamen bestattet worden. Weitere Gräber von Verschleppten finden sich auf dem sogenannten „Russenfriedhof“ am Pantenweg.
Über das Schicksal der Zwangsarbeiter in Bergkamen, aber auch über einen Besuch des Vernichtungslagers Auschwitz berichteten Schülerinnen der beiden weiterführenden Schulen. Eine ebenso bewegende Rede hielt Sabine Kamp von der jüdischen Gemeinde Unna. Es war ein Plädoyer für eine offene Gesellschaft, in der alle, egal welchen Glaubens, Herkunft oder Geschlechts einen gesicherten Platz haben müssten. Leider musste sie feststellen, dass es nach dem Massaker und den Entführungen am 7. Oktober 2023 für Jüdinnen und Juden in Deutschland kälter geworden sei.
Bürgermeister Bernd Schäfer forderte in seiner Rede während der Kranzniederlegung an der Gedenkstätte Schönhausen alle Demokratinnen und Demokraten auf, dem wachsenden Antisemitismus in Deutschland Widerstand zu leisten. Er verurteilte außerdem die rassistischen Schmierereien an Bergkamener Sportplätzen in den zurückliegenden Tagen.
Anschließend versammelten sich die Kundgebungsteilnehmer im Gemeindesaal der Freikirchlichen Evangelischen Gemeinde Bergkamen. Das heutige Gemeindezentrum nutzten die Nazis 1933 als „Konzentrationslager Schönhausen“, wie sie es damals selber nannten. Noch einmal ergriffen Schülerinnen das Wort. Die Gitarrengruppe um Pfarrer i.R. Reinhard Chudaska spielte und sang Lieder jüdischen Ursprung. Barbara Hölken berichtete, dass die Veröffentlichung der Correctiv-Recherchen über ein Geheimtreffen von Rechtsextremisten im November 2023 sie motiviert habe, sich bei den „Omas gegen Rechts“ zu engagieren. Sie haben sich in Bergkamen Anfang 2024 organisiert, treffen sich regelmäßig im HausFRIEDEN des Flüchtlingshelferkreises und beteiligen sich an Kundgebungen gegen Rechts. Hauptthema bei diesem Geheimtreffen der Rechtsextrmen unter Beteiligung von AfD-Mitgliedern war der Plan, Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland zu vertreiben. Der Begriff „Remigration“, der zum Unwort des Jahres 2023 erklärt wurde, ist inzwischen Bestandteil des AfD-Programms zur Bundestagswahl 2023 geworden.
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