Jede Mutter und jeder Vater setzt sich dafür ein, dass es dem eigenen Kind gut geht. Trotzdem können Situationen eintreten, in denen das Wohl des Kindes gefährdet ist. Unterstützung von außen wird notwendig. Welche Signale hier zu beachten sind, wie Hilfsangebote vermittelt werden können und an welchen Punkten dringendes Handeln geboten ist, waren Themen auf dem jüngsten Fachtag der Diakonie Ruhr-Hellweg.
74 Mitarbeitende aus dem Fachbereich „Bildung und Erziehung“ trafen sich zum Austausch. Sie waren aus den Kreisen Soest und Unna, dem Hochsauerlandkreis und der Region Hamm angereist und arbeiten dort in stationären und teilstationären Einrichtungen der Jugendhilfe, in der Schulbetreuung und Schulsozialarbeit, der freien Kinder- und Jugendarbeit sowie den Flexiblen Hilfen für Familien.
„Die Kinder sind uns in vielfältiger Form anvertraut“, so Irene Düring, Leiterin des Fachbereiches „Bildung und Erziehung“ der Diakonie Ruhr-Hellweg. „Sie liegen uns am Herzen und wir kümmern uns im Rahmen unseres jeweiligen Auftrags um sie. Zusätzlich sind wir gesetzlich verpflichtet, die Wahrung des Kindeswohls in der Familie im Auge zu behalten und eventuelle Gefahren abzuwenden.“
Ein Fallbeispiel, vorgestellt in dem Film „Zirkus is nich“, machte einmal mehr deutlich: So vielfältig wie die Formen der Kindeswohlgefährdung sind auch die Formen der Wahrnehmung und Bewertung der familiären Situation durch das Umfeld.
„Wenn ein Achtjähriger die Verantwortung für das Leben der überforderten Mutter und der jüngeren Geschwister übernimmt, ist das ohne Frage eine Gefährdung von Kindeswohl“, so Kinderschutz-Fachkraft Susanne Stiens-Remkes. „An welchen Stellen allerdings die größte Gefahr zu sehen ist, wird von pädagogischen Fachkräften durchaus individuell bewertet. Ab welchem Alter kann ein Kind allein zum Spielplatz? Wie viel Verantwortung dürfen Kinder für jüngere Geschwister übernehmen? Die eigene Biografie der pädagogischen Fachkraft spielt bei der Einschätzung immer eine Rolle.“
Neben der eigenen Lebenserfahrung beeinflussen auch Alter, Geschlecht, Kultur, das jeweilige Umfeld sowie die Rolle und Aufgabe in Bezug auf das fragliche Kind die Bewertung der Situation. Auch die Ansatzpunkte für Hilfen werden verschieden gesehen. Daher ist die fachliche Beratung im Team so entscheidend: Verschiedene Sichtweisen werden hier zusammengeführt, individuelle Hilfen für die Familien entwickelt.
„Natürlich sind es nicht ausschließlich die Probleme und Defizite, die uns auffallen“, so Irene Düring. „Denn um die Gefahren nachhaltig abzuwenden, brauchen wir unbedingt den Blick auf die Ressourcen. Um bei dem gezeigten Filmbeispiel zu bleiben: Ein Achtjähriger soll natürlich nicht eine so große Verantwortung für kleinere Geschwister tragen müssen. Dass und wie er es aber getan hat, zeigt, welche Fähigkeiten in ihm stecken.“ Zuerst sei natürlich die Mutter in der Pflicht. „Sie wünscht sich eine bessere Zukunft für ihre Kinder. Allein das ist eine Kraft, die ihr auf ihrem weiteren Weg helfen wird. Mit individueller Unterstützung wird sie das Leben ihrer Familie verändern können.“
Was ist zu tun, wenn Mitarbeitende der Diakonie Ruhr Hellweg Hinweise auf Kindeswohlgefährdung wahrnehmen? Ein präziser Leitfaden wurde auf dem Fachtag vorgestellt. Eine wichtige Rolle kommt dabei den Fachkräften für Kinderschutz zu. Susanne Stiens-Remkes betont: „Entscheidend ist es, gemeinsam im Team und im Dialog mit der Familie zu einer Einschätzung zu kommen, in der Folge planvoll zu handeln und so das Kindeswohl zu sichern.“