Eigentlich sollte es nur ein entspannter Abendspaziergang werden. Plötzlich sieht Juri Beke nur noch lachende Gesichter und Herzen. Ein riesiges Banner rollt vom City-Turm hinab. Eine Menschenmenge teilt sich und seine Freundin Angi kommt auf ihn zu. „Da waren nur noch Herzrasen und Schmetterlinge im Bauch“, sagt der 24-Jährige. Tränen laufen, die Stimme stockt und er kann nur noch flüsternd auf einen der ungewöhnlichsten Heiratsanträge der Bergkamener Geschichte antworten.
Die Antwort lautet natürlich „Ja!“. Schließlich hatte hier sogar der Bürgermeister seine Hand im Spiel. Außerdem schwirrt ein ganzes Kamera-Team des Fernsehens um das Paar herum. Freundin Angi formuliert ihre Frage außerdem so herzzerreißend, dass die gesamte Heiratsantragsgesellschaft inzwischen die Taschentücher gezückt hat. „Auch wenn ich dich nachts immer ärgere wie eine Tarantula“, sagt die 22-Jährige. Dann bricht ihr die Stimme weg, als sie fortfährt: „Du hast meinen Jungen sofort und mit vollem Herzen angenommen – willst du mich heiraten?“
Nicht nur das künftige Brautpaar liegt sich in den Armen
Jetzt liegt sich nicht nur das künftige Brautpaar in den Armen. Bei den Eltern laufen die Tränen, der Kameramann vom WDR wischt sich verstohlen eine Träne weg. Aus dem mehr als 20-köpfigen Antrags-Komitee aus Freunden und Verwandten wird lautes Schnäuzen und Schniefen hörbar. Das sollte kein konventioneller Heiratsantrag im Verborgenen werden. „Ich wollte etwas Besonderes haben, das verbindet“, sagt Angi Busch, als alles vorbei ist und ihr Freund Juri immer noch ihre Hand ganz fest hält.
Schon Angi’s Mutter Claudia hat ihrem Ehemann Ralf auf spektakuläre Weise im Alleecenter in Hamm die Frage aller Fragen gestellt. Angi Busch wollte, dass ihr Glück ebenfalls alle Welt sehen kann. Freund Juri hätte ihr aber fast einen Strich durch die Heiratsantrags-Rechnung gemacht. Eigentlich sollte die Frage an Weihnachten gestellt werden. Inzwischen konnte es der Zukünftige aber nicht mehr abwarten und schmiedete bereits eigene Antrags-Pläne. Ein Tisch in einem schicken Restaurant war bereits reserviert, der Text geschrieben, die Ringe bestellt. Am 13. September, zum Jahrestag des Kennenlernens, sollte alles unter Dach und Fach sein. Jetzt wurden die Eltern der Braut aktiv, denn: „Das wollten wir uns natürlich nicht nehmen lassen!“
Faszination für den City-Turm verbindet lebenslang
Ein riesiges Tuch und ein Beamer wurden organisiert. Die Frage war bereits grafisch gestaltet: „Altes geht… Neues kommt…Darum frage ich dich hier, möchtest du mit mir zusammen in die Zukunft gehen?“ Weil das glückliche Paar mit großer Faszination immer wieder den City-Turm bei Spaziergängen anpeilt und den Abriss beobachtet, sollte die Frage hier an der Fassade erstrahlen. Vor allem Juri kann die Augen nicht vom City-Turm lassen, würde als Malermeister am liebsten einmal die Abriss-Ruine erklimmen. Über den Bürgermeister sind die Adressen des Turm-Besitzers und Abriss-Unternehmens schnell herausgefunden. Alle sind begeistert von der Aktion und sagen ihre Hilfe zu.
Aus den Projektions-Plänen wurde nichts. „Es funktionierte nicht, weil es zu hell ist, die Entfernungen problematisch sind, die Schrift unlesbar ist“, erzählt Claudia Busch. Mit einer fast schon kamikazeartigen Aktion wird ein riesiges Banner in letzter Minute gedruckt. Die Drucker geben extra besonders viel Gas, weil die Zeit drängt. Eigentlich gar nicht vorhandene Express-Dienste werden mobilisiert, um den Traum wahr werden zu lassen. Freunde und Verwandte werden zusammengetrommelt, Papiertüten mit Smiley-Gesichtern und Herzen verziert. Am Ende klappt doch noch alles perfekt. Juri ist vollständig ahnungslos und restlos überrumpelt. Die Antwort ist auch noch die richtige. Einzig das Banner ist verliert sich mit 6 mal 1,50 Metern Größe doch ein wenig auf der immer noch imposanten Turm-Fassade.
Den ganzen Tag begleitete ein WDR-Team das ungewöhnliche Vorhaben. Zum Schluss steigt ein Luftballon in Herzform mit allen Wünschen und Träumen in die Luft. Das künftige Ehepaar wird mit rosa Plüsch-Handschellen aneinandergekettet, die Sektkorken knallen und Sohn Finn (2) trägt stolz ein T-Shirt mit dem Text des Heiratsantrags. Die Abriss-Arbeiter applaudieren aus luftiger Höhe, holen sich ihre Belohnung in Form von Brötchen und Bier ab. Würstchen stehen bereit. Im eigenen Garten wird kräftig weiter gefeiert – diesmal ohne Kameras. Einziger Wermutstropfen: Juris Eltern leben in Ungarn. Sie bekommen ein Video von diesem ganz besonderen Tag. Der WDR-Beitrag ist übrigens am heutigen Samstag zu sehen.
„Wehe wehe wehe,
wenn ich auf das Ende sehe.“
W. Busch: Max und Moritz)
Ganz nebenbei: das sind die spannenderen Geschichten, aber die will keiner lesen….