Friedenkirche feiert 40. Geburtstag: Bunt und mit Leidenschaft

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Die Kinder feiern ihre Friedenskirche: Mit engagiertem Gesang und feierlichem Einzug beim Geburtstags-, Erntedank- und Taufgottesdienst.

1981 war sie bereit für die Einweihung, die nagelneue Friedenskirche. Direkt neben der City mit nicht weniger ungewöhnlicher Architektur und Inhalt: Alle Räume rund um Altar und Innenraum tragen bis heute die Namen von Friedensträgern egal welcher Konfession. Architektonisch fällt sie aus dem Rahmen mit vielen Räumen und Ecken, zur Begeisterung der Bergkamener: „Die nahmen die neue Kirche gut an, waren immer schon offen für Neues“, meint Rosemarie Großpietsch. Sie war damals dabei und ist auch nach über 40 Jahren zum runden Geburtstag der ungewöhnlichsten Bergkamener Kirche noch Presbyterin.

Pfarrerin Ursula Goldmann, Pfarrer Bernd Ruhbach und Presbyterin Rosemarie Großpietsch (v.l.n.r.) im „Museum“ im Turmzimmer.

Ein wenig verspätet wurde der Geburtstag am Wochenende gefeiert, coronabedingt. Den Erinnerungen tat das jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil. Sogar eine winzig kleine Glocke brachte ein Bergkamener mit: Eine Spendenglocke, 40 Jahre lang in Overberge in Ehren gehalten. Damit wurden die Glocken der neuen Kirche finanziert. Bis die allerdings kamen, sollten stattliche 14 Jahre vergehen. Ein engagierter Prozess, der mit Glockengeläut vom Band überbrückt wurde. „Vom Ulmer Münster oder Kölner Dom, das weiß ich gar nicht mehr genau“, schildert Rosemarie Großpietsch.

Die Schriftzüge für die Inschriften.

Als die Glocken endlich in Angriff genommen wurden, haargenau geplante künstlerische Gestaltung inklusive, offenbarte die Friedenskirche ein neues Kuriosum: Man hatte eine Öffnung für die Glocken bei der Planung vergessen. Das Geläut musste deutlich kleiner ausfallen, damit es durch die Fenster passte. Dafür war ihr Ton genau abgestimmt. „Wir haben mit einem Sachverständigen tagelang alle Glocken der Umgebung besucht und genau vermessen, damit der Ton harmoniert“, erinnert sich Pfarrerin Ursula Goldmann. Auch bei den übrigen Details wurde nichts dem Zufall überlassen: Altar, Kanzel, Taufbecken: Alles ist aus alten Spurlatten aus dem Bergbau gebaut, der Bergkamen so lang prägte. Das Kreuz wiederum bilden neue, unbenutzte Spurlatten – als Zeichen dafür, dass die Stadt mit dem Rückzug der Steinkohle im Wandel ist.

Eine ungewöhnliche Kirche setzt viele Akzente

Buntes Treiben im Inneren der Friedenskirche beim Geburtstagsbasar.

Das alles kann auf engstem Raum im Turmzimmer nachvollzogen werden. Hier zeigen Bilder, die Negative und Positive der Rauminschriften oder der Abschlussstein der Glockengussform in einem kleinen „Museum“, wie viele Emotionen in der Friedenskirche verbaut sind. Die waren bei den Feiern des 40-Jährigen immer noch zu spüren. Randvoll war der Innenraum am Samstag zum Geburtstagsbasar. Alle Kindertagesstätten, aber auch leidenschaftliche Freunde der Kirche hatten fast 30 Tische mit Spielzeug, Kinderkleidung und kreativen Eigenkreationen für einen bunten Basar bestückt. Kuchen, Speisen und Bratwürsten aus den Händen der Konfirmanden sowie Standgebühren gingen als Spende an die Ukraineflüchtlinge.

Spielzeug kommt gut an.

Dafür hatte Luida viel von ihrem Spielzeug geopfert. Bücher, Püppchen und ein blinkender Spiegel faszinierten vor allem die kleineren Besucher. Ganze Playmobil-Sammlungen wurden feilgeboten, kunstvoll verzierte Brettchen. Kissen, Geschirre und Mäntelchen für Hunde aus Altkleidern sind sogar eine innovative Geschäftsidee. Der eigenen Fantasie sind auch die Motive der unendlich vielen Karten entsprungen, die Heiderose Weiner jedes Jahr zu allen Anlässen bastelt. Sie hat längst feste Bestellungen und jetzt garantiert noch eine ganze Reihe mehr.

Die ungewöhnlichen Gottesdiensthelfer im Einsatz. Ein Dankeschön gab es auch für ihre „Betreuer“.

Die Feier ging am Sonntag weiter, integriert in den Erntedankgottesdienst inklusive Taufe. Da ging Moses auf eine ebenso lange Wanderschaft wie die Friedenskirche in Bergkamen steht: Genau w40 Jahre. Die Handpuppen kamen zum Einsatz, eine ebenfalls ganz besondere Innovation der Gemeinde, gerahmt vom Einzug und Chor der Kinder. Ein Bauer wollte das Wetter für den lieben Gott regulieren, scheiterte jedoch kläglich mit der vermeintlich leichten Aufgabe und verzichtete demütig auf eine 2. Wetterchance – ganz aktuell an den Klimawandel angepasst. Der Organist bekam einen besonderen Applaus, weil er just doppelt so alt wurde wie die Friedenskirche. Und Rosemarie Großpietsch bekam ein blumiges Dankeschön, weil sie schon genau so lang Presbyterin ist, wie es die Kirche gibt. Und draußen stand der mit Ähren geschmückte Trecker, aus dem aktuelle Songs aus dem Lautsprecher Passanten aufhorchen ließen.

Ein Fest, das genauso bunt war wie die Kirche selbst.