Flüchtlingsberaterin der Diakonie blickt im Advent auf ihr Jahr zurück: „Not sehen, Hilfe und Frieden schenken“

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Angelika Glamoc. Foto: drh

„Die Kunst im Leben ist zu lernen, es auszuhalten. Einen Weg zu finden, nicht nur auf das Leid zu schauen. Ich habe gelernt, täglich Danke zu sagen für die kleinen Dinge.“ Angelika Glamoc ist Flüchtlingsberaterin der Diakonie Ruhr-Hellweg. Sie arbeitet im Flüchtlingstreff „Haus Frieden“ in Bergkamen und in Fröndenberg. Im Kreis Unna unterstützt sie das ganze Jahr über Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind und sie hilft ihnen, hier in Deutschland anzukommen. Jetzt, im Advent, was wörtlich übersetzt „Ankunft“ bedeutet, nimmt sie uns mit. Denn für die meisten von uns sind die Schicksale, mit denen Angelika Glamoc jeden Tag in Berührung kommt, fremd. Krieg, Terror, eine oft jahrelange Flucht, die Angst um die Familie und eine tiefe Sehnsucht nach dem „Ankommen“ bestimmen das Leben der Flüchtlinge.

Ankunft über das Kirchenasyl

Besonders das Schicksal von zwei jungen Männern aus dem Irak hat sie dieses Jahr bewegt. Auf der Flucht vor dem Islamischen Staat landeten beide in Polen, wurden inhaftiert und es folgte die drohende Abschiebung in den Irak. Nach einer langen Odyssee landeten die jungen Männer schließlich bei Angelika Glamoc und Pfarrer Volker Jeck im Büro. Ihr Traum? In Bergkamen, wo beide gut integrierte Verwandtschaft haben, zu leben und zu arbeiten. Als sogenannte „Dublin-Fälle“ durften sie sich rein rechtlich aber nicht in Deutschland aufhalten. Die einzige Hoffnung: das Kirchenasyl. Pfarrer Volker Jeck und Angelika Glamoc setzen alles daran, den beiden Männern zu helfen. Kirchenasyl ist die befristete Aufnahme von Schutzsuchenden in Räumen, in denen die Kirchengemeinde das Hausrecht ausübt. Nach einer positiven Rückmeldung des Presbyteriums kümmerte sich die Gemeinde in Bergkamen direkt: Beide kamen in einer kleinen Wohnung der Kirchengemeinde unter, mittlerweile haben sie in Deutschland regulär einen Asylantrag gestellt und sprechen gut Deutsch. Vor drei Monaten standen beide freudestrahlend mit schönen roten Blumen in der Hand bei Angelika Glamoc im Büro. Beide wollten sich bedanken und haben mittlerweile angefangen zu arbeiten. „Das war so ein Glücksmoment für mich. Unbeschreiblich.“

Die Flüchtlingsberaterin bekommt immer wieder Unterstützung durch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer im Kreis Unna. „Wir tragen gemeinsam, Haupt- und Ehrenamt, große Verantwortung für Menschen in Not, die sich uns anvertrauen. Ankunft bedeutet für mich, mein Team und die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer: Not sehen, Hilfe und Frieden schenken.“

Ankunft beim Vater

Den Mann aus Afghanistan kennt die Flüchtlingsberaterin schon viele Jahre. Seit 2015 lebt er im Kreis Unna, er ist gut integriert, arbeitet in Vollzeit. Sein größter Wunsch: Endlich wieder seine Frau und seine sechs Kinder bei sich zu haben, sie wohlbehalten in den Arm nehmen zu können. Jahrelang kämpft er für seine Familie: erfolglos. In ihrer Verzweiflung und Sehnsucht machen sich Frau und Kinder schließlich selbst auf den Weg, sie werden aber in der Türkei an der Grenze aufgehalten. Nur sein 14-jähriger Sohn schafft es mutterseelenalleine nach Deutschland, ohne die Sprache zu sprechen, ohne die Unterstützung der Eltern. Sein Vater ist überglücklich ihn wiederzusehen, sein Sohn ist nach der Flucht aber apathisch, schwer körperlich und seelisch traumatisiert. „Beide sind nun beieinander, haben sich. Der Junge brauchte aber dringend Hilfe vom Arzt. Sein ganzer Körper war mit Narben übersät. Niemand weiß, was er erlebt hat und es ist nicht klar, ob sich die Familie jemals komplett wiedersieht.“

Ankunft ohne Kind 

Und dann gibt es Schicksale, die zutiefst bewegen und die bis jetzt kein Happy End gefunden haben. Eine junge Frau aus Guinea schaffte es, mit ihrem Baby nach Deutschland zu fliehen und Asyl zu erhalten. Ihr zweites Kind, einen fünfjährigen Jungen, musste sie bei der Familie ihres gewalttätigen Mannes zurücklassen. Für die junge Mutter, die durch Narben stark gezeichnet ist, ist „Ankommen“ in Deutschland nahezu unmöglich. „Sie weint ständig, weil sie fühlt, dass es dem Kind nicht gut geht. Ohne Zustimmung des Mannes wird das Kind nie nach Deutschland zu seiner Mutter kommen. Mittlerweile darf sie kaum noch Kontakt zum Kind haben, sie ist abgemagert und immerzu verzweifelt.“ Was Angelika Glamoc und die freiwilligen Helfer tun können? „Da sein. Die Hand halten. Zuhören. Immer wieder. Versuchen, im kleinen Hoffnung zu schenken, Tag für Tag wieder.“

Hat die Flüchtlingsberaterin jemals bereut, in ihrem Beruf zu arbeiten? „Nein, ich fühle menschlich zutiefst mit meinen Klienten und möchte ihnen bestmöglich helfen, gut „anzukommen“. Was mich nicht nur jetzt im Advent glücklich macht und mir Hoffnung gibt? Dass es so viele Ehrenamtliche gibt. Ich bin dankbar, für alle Menschen, die mit Zeit, Geld und Kompetenz im Ehrenamt helfen, Flüchtlinge menschlich und individuell zu behandeln. Das freiwillige Engagement für Geflüchtete ist für mich das größte Hoffnungszeichen für unsere Gesellschaft.“