von Andreas Milk
Ein Fall aus Bergkamen dürfte in ein paar Monaten dazu führen, dass im Amtsgericht Kamen ein Strafrichter auf dem Zeugenstuhl Platz nimmt. Es geht um eine 43-Jährige. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, in einem Prozess im September vorigen Jahres gelogen zu haben – in der Absicht, den Angeklagten zu schützen. Angeklagt ist sie nun also selbst: wegen uneidlicher Falschaussage
In dem ursprünglichen Prozess war es um eine Schlägerei vor ihrem Haus gegangen. Er endete mit einer Verurteilung zu vier Monaten Haft wegen Körperverletzung. Diese Strafe ist mittlerweile rechtskräftig. Das heißt: Die Schuld des angeklagten Mannes ist vom Gericht festgestellt. Punkt.
Sie finde es „echt doof“, nun in einem Raum zu sein, „wo man mich für eine Lügnerin hält“, erklärte jetzt die Bergkamenerin in ihrem Prozess. Der Richter ist selbstverständlich ein anderer. Und er hatte erst einmal darauf verzichtet, Zeugen vorzuladen: seinen Kollegen zum Beispiel oder die Beteiligten an der Schlägerei. Denn es hätte ja sein können, dass die Frau sagt: Stimmt, ich habe nicht die Wahrheit gesagt. Sie versicherte aber: Sie habe in dem ersten Prozess wahrheitsgemäß gesagt, was sie damals gesehen habe – und zwar, dass das angebliche Opfer den angeblichen Täter provoziert und zuerst zugeschlagen habe. Von ihrem Küchenfenster aus habe sie das beobachtet, wenn auch ein wenig abgelenkt durch herumwuselnde Kinder und Hausgäste. Apropos Kinder: Denen sage sie immer wieder, wie wichtig es sei, bei der Wahrheit zu bleiben. Sie selbst habe einen „starken Bezug zu Gott“.
Klarheit soll ein neuer Verhandlungstermin bringen. Allerdings geschieht das nicht allzu bald. Die Terminlisten im Kamener Amtsgericht sind gut gefüllt. Voraussichtlich im Spätsommer wird in der Sache aufs neue verhandelt – mit Zeugen.