Fahrrad-Tag im Amtsgericht: Geldstrafe und „Sozialstunden“ bei Mama und Papa

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von Andreas Milk
So ganz scheint die Verkehrswende auch an den Strafgerichten nicht vorbei zu gehen. Jedenfalls wurde diesen Mittwoch am Kamener Amtsgericht über zwei Fälle verhandelt, die mit Fahrrädern zu tun haben – unter anderem mit zwei geklauten aus Bergkamen.
Die beiden E-Bikes waren in der Nacht zum 8. Mai von einer Terrasse verschwunden. Angeklagt war nun der 20-jährige Kevin H. (Namen geändert) wegen Diebstahls. Allerdings zeigte sich in der Verhandlung, dass er die Räder wohl gar nicht gestohlen hatte. Vielmehr wurden sie ihm im Laufe jener Nacht von einem Bekannten angeboten. H. griff zu: Ein Rad kaufte er für 460 Euro. Der Neuwert: rund das Sechsfache. Aber dann gefiel es ihm angeblich nicht mehr; per Ebay-Kleinanzeigen suchte er seinerseits einen Abnehmer. Er fand einen: Udo P. aus Bottrop zahlte an Kevin H. 550 Euro. Weil Udo P. eim vorsichtiger Mensch ist, ließ er sich einen Kaufvertrag ausstellen. Aber er war das Rad trotzdem bald wieder los. Die Polizei nahm es mit – denn an gestohlenen Sachen lässt sich kein rechtmäßiges Eigentum erwerben. Das Urteil für Kevin H.: eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 10 Euro wegen Hehlerei. Auch die bei Udo P. kassierten 550 Euro muss er an die Justiz zahlen, die das Geld dann an P. weiterreichen wird.

Fahrrad-Fall Nummer zwei hatte mit viel Alkohol zu tun. In Kamen auf der Dortmunder Allee war am sehr frühen Morgen des 16. Juni Alexander M. unterwegs. Der 19-Jährige fiel einer Polizeistreife auf: Er fuhr „sehr ausgeprägte Schlangenlinien“, ist in der Akte vermerkt. Kein Wunder: Eine Blutprobe ergab 1,71 Promille – selbst für nicht-motorisiertes Radeln ein bisschen zu viel. Er trinke selten Alkohol, sagte Alexander M. dem Richter. „An dem Abend habe ich mich überschätzt.“ Nach Jugendrecht hätte M. zu Sozialstunden verdonnert werden können. Aber weil er doch recht reif wirkte, entschied sich der Richter, Erwachsenenstrafrecht anzuwenden: 200 Euro Buße an die Kreisverkehrswacht Unna, danach Verfahrenseinstellung. M. wohnt noch bei seinen Eltern. Die saßen guter Dinge als Zuschauer im Gerichtssaal und ließen erkennen, die Geldbuße für den Sohn schon ganz okay zu finden. Vermutlich leihen sie Alexander das Geld. „Dann werden die Sozialstunden zu Hause abgearbeitet“, mutmaßte der Richter. Kommentar von Vater M.: „Find‘ ich gut!“