von Andreas Milk
„Hurensohn“: Diese Bezeichnung wollte Mark T. (38, Namen geändert) nicht einfach hinnehmen. Deshalb stach er zu beim Tuner-Treffen auf dem Gut Keinemann in Rünthe im Juli vorigen Jahres. Der Strafrichter in Kamen verurteilte ihn jetzt zu 18 Monaten Haft. Eine Bewährungschance wollte er dem dutzendfach Vorbestraften nicht mehr geben.
T.s Opfer war der 27-jährige Sven D. Der hatte an jenem Sommertag mit ein paar Bekannten auf dem Gut zusammengesessen und die Ansicht geäußert, Mark T. habe sich bei ähnlichen Zusammenkünften der jüngsten Zeit eben wie ein „Hurensohn“ benommen. Eine Freundin des so Gescholtenen bekam das mit – und ging ein paar Meter weiter, um es ihm zu erzählen. Daraufhin verpasste Mark T. seinem Widersacher Sven D. erst mal eine Backpfeife. Als D. wegzurennen versuchte, setzte es Stiche mit einem Taschenmesser in den Rücken. Nicht lebensgefährlich zwar – aber auch nur knapp an der Wirbelsäule vorbei. Bleibende körperliche Schäden habe er nicht, sagte Sven D., aber er leide immer noch psychisch unter einem Gefühl von Bedrohtsein.
Mark T. gab vor Gericht zu, ausgerastet zu sein. „Es tut mir auch wahnsinnig leid.“ In einem Zivilverfahren wurden 3.500 Euro Schmerzensgeld für Sven D. vereinbart. D. nahm die Entschuldigung von Mark T. an: „Das rechne ich dir hoch an“ – und ihm selbst tue auch der „Hurensohn“ leid. Mark T. hatte erklärt, die Beschimpfung habe ihn deshalb so tief getroffen, weil seine Mutter einen qualvollen Krebstod erlitten habe.
Der Richter allerdings – seit mehr als 30 Jahren auf dem Posten – sah die Bedeutung des Schimpfwortes etwas anders. Längst werde der „Hurensohn“ ähnlich gern gebraucht wie etwa der Klassiker „Arschloch“. An die Mutter des Beschimpften denke dabei wohl ernsthaft keiner. Und: Mark T. habe seiner Überzeugung nach nicht im Affekt gehandelt, sondern durchaus planvoll das Messer aus der Tasche geholt, statt D. nach der Backpfeife laufen zu lassen.
Schon drei Mal ist Mark T. bisher zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt worden; tatsächlich „gesessen“ hat er noch nie. Dass es jetzt so weit sein soll, hielt der Richter auch zur Verteidigung der Rechtsordnung für nötig. T. kann Berufung einlegen. Dann wird vor dem Landgericht Dortmund neu verhandelt.