Coronavirus: „Wenn Helfer helfen wollen, es aber nicht können“

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Mitglieder des DRK Bergkamen am Dienstagmorgen kurz vor der Abfahrt nach Güterloh. Sie sind im Rahmen der Einsatzeinheit Unna 01 des Katastrophenschutzes, mit des Kollegen des DRK Kreisverbands Lünen in den Kreis Gütersloh ausgerückt.

Die Mitglieder des Bergkamener helfen gern im Kampf gegen das Coronavirus – so auch aktuell im Kreis Gütersloh Doch dabei kommt es offensichtlich auch zu großen Problemen, wie Rotkreuzleiter Christian Thomé erklärt. Er hat seinen Bericht betitelt mit: „Wenn Helfer helfen wollen, es aber nicht können“.

Hier ist sein Bericht:
„15 Uhr in einem mittelständischen Unternehmen.
Richard H., der Geschäftsführer des Unternehmens, nimmt einen Anruf von Ulrike S. entgegen. Diese schildert ihm, dass ihr Mann, Gabriel S., nicht mehr arbeiten kommen wird.
Gabriel S. starb nach Aussage der Ärzte, die ihn in einer nahegelegenen Klinik behandelten, an Covid-19.

Richard H. ist besorgt:
Sein langjähriger und nun verstorbener Mitarbeiter arbeitete an einer Produktionsstraße seines Unternehmens dicht an dicht mit anderen Fabrikmitarbeitern zusammen.
Auch er selbst stand erst kürzlich in der Kantine direkt hinter Gabriel S.
Ob er das Virus an ihn oder seine Belegschaft übertragen hat?
Richard H. wendet sich hilfesuchend an das für sein Unternehmen zuständige Gesundheitsamt. Eine Testung aller 1000 Mitarbeiter soll erfolgen.

Doch Testzentren gibt es keine. Wer die Möglichkeit hatte, sich bei seinem Hausarzt testen zu lassen und positiv auf das Coronavirus getestet wurde, verharrt zuhause in Quarantäne.
Keine Verpflegung durch den Kreis, das Gesundheitsamt oder durch Hilfsorganisationen. Zu dünn ist hier die Personaldecke.
Wer keine Angehörigen mehr hat, welche einem in der Situation zur Seite stehen könnten, ist auf sich allein gestellt.

Was wie eine Horrorstory klingt, könnte bald bittere Realität werden:

Am heutigen Dienstag ist das DRK Bergkamen wieder mit der Einsatzeinheit NRW Unna 01 im Einsatz.
Der Auftrag: Aufbau und Betrieb eines Testzentrums auf Covid-19, Essensausgabe an Angehörige der Streitkräfte und an das im Testzentrum eingesetzte Personal.

Auch wenn der Auftrag personell durchführbar ist, zeichnet sich seitens einiger Firmen und Institutionen eine gewisse Sorge ab:
Helfer, die an einem solchen Einsatz teilnehmen, könnten eventuell infiziert zurück an ihren Arbeitsplatz kehren.

Erste berufliche Auswirkungen erlebte bereits ein Mitglied unseres Ortsvereines. Er arbeitet für ein Krankentransportunternehmen und war vor kurzem Angehöriger eines Test-Teams in Gütersloh. Auch wenn sein Arbeitgeber den Einsatz befürwortete und unterstützte, ergaben sich dennoch Probleme:
Beim Rücktransport einer älteren Dame in eine Pflegeeinrichtung wurde ihm der Zutritt zu selbiger verwährt. Begründung: Als Angehöriger eines Test-Teams in Gütersloh habe er sich in einem Corona-Hotspot-Gebiet aufgehalten.

Auch ein weiteres Mitglied hätte gerne an dem heutigen Einsatz teilgenommen, bleibt aber aufgrund ihrer Existenzängste nun lieber Zuhause.
Sie selbst ist Studentin und ihre Universität unterstützt grundsätzlich ehrenamtliches Engagement.
Aber wenn sie sich jetzt dem Einsatz anschließen würde, dürfte sie die Universität nicht mehr betreten.
Und das in der Klausuren-Phase.

Alle Helfer sind bei ihrer Tätigkeit bestens geschützt:
Zum Beispiel durch das Tragen einer Schutzmaske der Klasse „FFP2“ in Kombination mit einem Vollschutzanzug und einer Schutzbrille.
Nach Einsatzende werden diese Sachen entsorgt und die darunter getragene Dienstbekleidung wird abgelegt und chemisch gereinigt.
Eine Kontamination mit Covid-19 wird dadurch bestmöglich verhindert. Gerne stehen wir Arbeitgebern, Schulen und Universitäten auch bei Fragen rund um den Schutz und den Aufgabenumfang der eingesetzten Mitarbeiter, Schüler oder Studenten zur Verfügung.

Wir möchten an dieser Stelle bei Unternehmen und Institutionen um Unterstützung und Verständnis werben.
Massive Testungen und der Betrieb von Testzentren sind nur durch ehrenamtliches Engagement möglich. Anders ist der kurzfristige und massive Personalaufwand nicht zu stemmen.

– Ohne Ehrenamt geht’s nicht –