von Andreas Milk
Wegen Beleidigung einer Busfahrerin soll der 46-jährige Bergkamener Kemal B. (alle Namen geändert) vier Monate in Haft. Das hat ein Strafrichter am Amtsgericht Kamen entschieden. B., der zur Tatzeit unter Bewährung stand, hatte den Anklagevorwurf bestritten – und sogar erklärt, es sei die Busfahrerin, die angeklagt gehöre.
Es ging um einen Vorfall am 6. Oktober 2021 auf der Linie R11 von Bergkamen-Oberaden nach Lünen. Hinterm Steuer saß Serap K., und sie hatte an diesem Tag ein paar Minuten Verspätung. Das störte Kemal B.; er sprach sie darauf an, fragte nach dem Grund. Sie habe aggressiv reagiert, behauptet Kemal B. Er selbst sei ein ruhiger Mensch. Andere zu beleidigen, sei überhaupt nicht sein Stil.
Aber sowohl Busfahrerin Serap K. als auch eine Rentnerin, die im Bus war, sagten da etwas völlig anderes. Serap K. erinnerte sich, dass Kemal B. nach dem Einsteigen an der Cheruskerstraße wieder und wieder auf sie eingeredet habe, laut und pampig geworden sei. Als arrogant habe er sie beschimpft, weil sie nicht auf ihn eingegangen sei, sondern sich eben auf das Fahren konzentriert habe. Vor allem aber habe er sie mit seinen Worten „unter der Gürtellinie“ getroffen – indem er zum Beispiel sagte, sie müsse „durchgevögelt werden“, um wieder zu wissen, wo es lang gehe. Viele seiner Pöbeleien seien auf Türkisch gekommen. Er sei sich wohl nicht bewusst gewesen, dass das auch ihre Muttersprache sei. Deutsche Flüche waren aber auch zu hören – was die Rentnerin bestätigte: Allein das Wort „Fotze“ sei vier, fünf Mal gefallen. Serap K. sei ruhig geblieben. Und auch auf das Verhalten der übrigen Fahrgäste darf die VKU ein bisschen stolz sein: Nachdem Serap K. die Polizei gerufen und zur nächsten Haltestelle gebeten hatte, machten die Leute im Bus dort nicht etwa von der Möglichkeit umzusteigen Gebrauch, sondern stärkten „ihrer“ Fahrerin den Rücken – sie blieben. Serap K.: „Sie haben mich nicht allein gelassen.“ Ein Fahrgast rief noch einen mitfahrenden Jungen zu sich, damit der vor dem pöbelnden Kemal B. geschützt sei.
B. ist nach den Worten des Richters „vorbestraft bis zur Unkenntlichkeit“: 37 Einträge seit 1997. Schwerpunkt: Betrug und Diebstahl. Gegen die vier Monate Haft kann B. nun Berufung einlegen. Dann muss das Landgericht Dortmund entscheiden. Freigesprochen wurde er übrigens von einem zweiten Vorwurf: Er soll ohne Ticket mit dem Zug von Bielefeld nach Minden gefahren sein. Aber die Schaffnerin konnte sich vor Gericht nicht konkret an ihn erinnern. Angeblich hatte kurz vorher jemand seine Krankenversichertenkarte gestohlen und könnte sie bei der Kontrolle im Zug als Ausweis missbraucht haben.