Die Frauenbewegung ist auch nach 30 Jahren in Bergkamen vielseitig. Im Auge der Kabarettistin umfasst sie ebenso „Trockenpflaumen al dente“ wie Frauen, die Krisengebiete friedlich von hinten aufrollen, während immer mehr Männer die Kinder wickeln müssen. Aus der Sicht der Macherinnen hinterlässt „Bewegung Spuren“ – auch wenn noch viel zu tun bleibt.
30 Jahre ist der Internationale Frauentag in Bergkamen jung. Blutjung im Vergleich zur Frauenbewegung, die mit dem Allgemeinen Deutschen Frauenverein 1865 frauenpolitische Aktivitäten in die Öffentlichkeit rückte. Die Gleichstellungsbeauftragte Martina Bierkämper erinnerte daran, dass es Kaiser, Kriege, Revolutionen, Diktaturen und unendlich viele rechtliche Reformen bis zum heutigen Status Quo zu überwinden galt. Aber: „Es gibt vieles, was wir einfordern müssen, um Gleichstellung in unserer Gesellschaft zu erreichen!“ Gleiche Möglichkeiten im Beruf, gleiches Geld für gleiche Arbeit, gemeinsame Betreuung von Kindern oder gemeinsame Pflege, Schutz für Frauen vor Gewalt: Auch nach 149 bzw. 30 Jahren müssen noch viele Felder beackert werden.
Das sieht auch Steffi Ziller nicht anders. Sie gehört zu den Bergkamener Frauen der ersten Stunde. „Ich stieß überall nur auf Männer – in der Gewerkschaft, in der Partei“, erinnert sie sich. Daraus entstand ihr außergewöhnliches Bewusstsein für frauenpolitische Belange. Beim Frauengesprächskreis der VHS wurde heftig darüber diskutiert. „Hier merkte ich zum ersten Mal, dass ich nicht verrückt bin, sondern auch andere ähnliche Probleme haben.“ Die Frauenwerkstatt wurde gegründet, Steffi Ziller zu ihrer Vorsitzenden und sie kam als sachkundige Bürgerin in den ersten Gleichstellungsausschuss in Bergkamen.
Frauenforum, die erste Frauenberatungsstelle in Bergkamen: Sie hat dafür gekämpft, mehr für die Frauen zu erreichen. Heute „meinen viele Frauen, dass Erreichte sei ganz normal“, glaubt sie. „Das stimmt aber nicht – heuern und feuern: dafür müssen wir immer wieder kämpfen“, ist sie überzeugt. Dass Frauen immer noch für einen gerechten Ausgleich für das Engagement für Familie und Kindererziehung kämpfen müssen: Das und vieles mehr „regt mich wahnsinnig auf“, sagt die fast 79-Jährige. Sie wünscht sich im 30. Jahr des Internationalen Frauentages, „dass mehr junge Frauen selbstbewusster werden uns sich auch gewerkschaftlich und politisch engagieren – das ist wichtig!“
Frauen müssen sich selbst helfen
Dass noch viel getan werden muss, weiß auch Bürgermeister Roland Schäfer. Gleichstand zwischen den Geschlechtern gebe es immerhin in der städtischen Verwaltung, nicht jedoch in den dortigen Führungspositionen. Er dankte den Frauen, die vor 30 Jahren im ersten Gleichstellungsausschuss wichtige Arbeit geleistet hätten. Und er erinnerte sich an seine erste Personalentscheidung in Bergkamen: Die Einstellung von Sabine Ostrowski als hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte.
Alle Grußredner griffen die Überzeugung auf, dass noch viel zu tun bleibt. Rüdiger Weiß verwies für die SPD und den Landtag darauf, dass Bergkamen anderen Städten weit voraus sei und er immerhin selbst eine Chefin in der Ministerpräsidentin habe. Hannelore Kraft stehe dafür, dass die Politik viel durch starke Frauen gewonnen habe. Elke Middenford (CDU) ist selbst seit 20 Jahren beim Internationalen Frauentag dabei und erinnerte daran, dass es vor 30 Jahren nicht leicht war, Frauenthemen überhaupt öffentlich zu machen. „Wir als Frauen müssen uns selbst helfen!“, appellierte sie. Diskussionen wie der Familienlastenausgleich dürften dabei nicht zu einer Spaltung führen: „Alle bringen die gleichen Leistungen!“
Frauen leisteten weltweit viel. Das zeigte das Frauentags-Quiz „Frau gewinnt“. Da stieg die erste Frau 1984 in den Weltraum, der 1. Frauentag in der Preinschule statt und Liechtenstein führte erst im selben Jahr das Frauenwahlrecht ein, während die Gleichstellung von Pfarrerinnen mit ihren Amtskollegen gerade einmal 10 Jahre jung war. Da hatte Simone Fleck alias Susi alias Walli weit geringere Probleme. Vom „Puhl Danzink“ an der Rollatoren-Stange im Altersheim über frisch geschnittenes Raucher-Gras aus dem Garten für den „grünen Gaumen“ bis zum Terrorismus im Körper durch die freien Radikalen reichte ihr verrückter Ritt durch eine ganz persönliche frauenpolitische Sichtweise.
Dafür gab es tosenden Applaus. Und viele begeisterte Zuschauerinnen, die mit ihrem Eintritt das Bergkamener Mädchen- und Frauennetzwerk sowie das Frauenforum im Kreis Unna e. V. unterstützen.