Beim Reizgasunfall und mit hunderten Blutspendern die Nerven bewahren

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Die beiden Mädchen sind geschockt. Sie können kaum aufhören, zu husten. Die Augen brennen. Ihnen ist schwindelig. Zum Glück spielen sie den Vorfall nur. Auf der Wiese des ehemaligen Freibads hat sich kein echter Unfall mit Reizgas ereignet. Realistisch ist er allemal, wie die Vorfälle unlängst in Selm und in der Dortmunder Westfalenhalle vor Augen geführt haben. Passieren kann so etwas jederzeit. Darauf müssen auch die freiwilligen Helfer vom DRK vorbereitet sein.

Schreckensszenario: Reizgasunfall in einer Schule. Die Opfer müssen nicht nur mit Sauerstoff versorgt werden.
Die Prüfer beobachten genau, wie die DRK-Helfer die Paniksituation beruhigen.

Beim Kreisrotkreuzwettbewerb am Samstag waren sie es. Bei dem jährlichen Leistungsvergleich traten sechs Gruppen aus dem Kreis Unna in verschiedenen Disziplinen an. Dabei galt es, Wissen und Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Unter den kritischen Augen von Prüfern musste jeder Handgriff und jedes Wort sitzen. Auf Prüfungsbogen wurden Punktzahlen eingetragen und Kommentare vermerkt. Denn schließlich ging es hier auch um etwas außer um die Ehre. Der Sieger darf zum Landeswettbewerb nach Hagen reisen.

Erste Hilfe für die gereizten Augen.

„Bleib ganz ruhig und atme tief durch“, beruhigt ein Helfer ein aufgeregtes Opfer, das keuchend mit täuschend echt blau gefärbten Lippen auf dem Boden zusammengebrochen ist. Er stützt ihr den Rücken und hält ihr behutsam eine Sauerstoffmaske vor die Nase. „Meine Augen brennen so schrecklich“, jammert das Mädchen, das sich immer wieder die Augen reibt. „Ich schau mir das mal an“, sagt der DRK-Helfer und führt eine Apparatur an ihre tränenden Augen, der jener ätzenden Chemikalie zu Leibe rückt. Direkt daneben kümmert sich eine Kollegin um den Blutdruck einer anderen kollabierten Schülerin.

Blutdruckmessen bei einem Opfer.

Ein paar Meter weiter hat sich der Rest der Schulklasse aufgeregt hinter einer Wand in Sicherheit gebracht. Die Stimmen überschlagen sich, es geht verbal drunter und drüber. Eine ganze Gruppe von DRK-Helfern versucht, Ruhe in die Situation zu bringen, die kurz vor der Panik steht. „Wie ist das denn passiert?“, fragen sie. „Wie fühlt ihr Euch jetzt?“ Als sich alle ein wenig beruhigt haben, werden Lollies und andere Süßigkeiten aus einer Kiste gezaubert und verteilt. Langsam finden die Jugendlichen Worte für das, was sie gerade erlebt haben. Auch das gehört zu einem Katastrophenszenario dazu.

Neben der Leistung geht es um die Gemeinschaft

Muss auch sein: Das Team bespricht, wie die Übung gelaufen ist.

Fünf Minuten später sind die Helfer an der Reihe mit Erfrischungen und kleinen Snacks. Sie stehen im Kreis um ihren kleinen Transportwagen herum und besprechen die Übung, die sie gerade absolviert haben. Was ist gut gelaufen, was nicht so gut? Was kann man besser machen? Vor einem anderen Zelt trifft sich eine ganze Gruppe, plaudert, wirft einen monströsen Würfel, steckt armgroße Spielsteine in Öffnungen, nutzt große Teppichfliesen für ein riesiges Mensch-ärger-dich-nicht-Spiel. Hier geht es nicht nur um Leistung, sondern auch um Miteinander. „Die Teilnehmer sollen sich auch untereinander besser kennen lernen, sich austauschen und miteinander ins Gespräch kommen“, schildert Landesarzt Dr. Uwe Devrient.

Gar nicht so leicht: Bei einem Blutspendetermin Antworten auf jede Frage parat haben.

Im Vereinsheim des Bergkamener DRK-Ortsvereins geht es derweil nicht weniger hoch her. Hier ist ein fiktiver Blutspendetermin organisiert. Der Laptop, der Drucker und das Informationsmaterial sind zwar nur schmucklose Plastikschalen. Die potenziellen Blutspender sind allerdings aus Fleisch und Blut und sie haben echte Fragen. Der eine hat seinen Blutspendeausweis nicht dabei, weil die letzte Spende Ewigkeiten her ist. Der nächste war noch nie bei einer Blutspende und was gar nicht, was ihn jetzt eigentlich erwartet. Die drei Berater am Empfangstisch müssen auf alles eine Antwort haben. Das ist gar nicht so leicht, wenn ein Blutspender mal sehr schlecht gelaunt ist und die Stimme lauter und weniger freundlich wird. Anderen bricht der Angstschweiß bei der Aussicht auf einen halben Liter Blutverlust aus. Da muss man für jede Situation gewappnet sein.

Auch die Gespräche beim fiktiven Blutspendetermin werden bewertet.

Auch hier füllen sich die Kontrollbögen auf den Clipp-Boards der Prüfer mit Zahlen. Auch hier wird anschließend über jede einzelne Situation gesprochen. Ganz schön anspruchsvoll ist der Tag für die insgesamt rund 100 aktiven ehrenamtlichen Helfer, die auch hier ihre Freizeit für das Leben anderer investieren, indem sie ihr Wissen und Können unter Beweis stellen. Die Herausforderungen machen aber auch sichtbaren Spaß, denn es wird viel gesprochen im Zelt, in dem das Mittagessen ausgegeben wird. Auf der Wiese machen sie es sich gemütlich, tauschen Erfahrungen aus und schauen zu, wie sich die anderen bei den beiden Kombiaufgaben schlagen.

Gewonnen hat übrigens die Gruppe vom Ortsverein Kamen. Sie darf demnächst mit den Besten beim Landeswettbewerb in Hagen antreten.