Mit dem Messer geht es an die Weidenrute. Die klassische Schere zerlegt die Hanfseile in Teile von passender Länge. Die Endstücke für das Gerippe sind aus passenden Ästen gesägt. Was hier zu einem Boot zusammengesetzt wird, stammt fast ausschließlich aus der Natur. Der erste Workshop für Erlebnisbootsbau auf der Ökologiestation ging ganz neue Wege.
Wege, die schon seit Jahrtausenden beschritten werden. Andreas Tilg weiß, wie’s geht. Kanadier werden noch immer gern aus Birkenrinden geformt – erst zum Schluss wird das „Innenleben“ gebaut. Umiaks heißen die arktischen Frauenboote, die eher Transportmittel waren und mit Wallrosshaut verkleidet wurden. Sie können gerudert, gepaddelt und sogar mit einem Segel fortbewegt werden. Schon lange widmet sich der Werklehrer an einer Waldorfschule in Hamm der Kunst, aus den Materialien, die von der Natur zur Verfügung gestellt werden, schwimmfähige Boote zu bauen. Sogar in Venedig ging er mit seinen Schülern bei einer Regatta an den Start. Am Wochenende bot er seine Kunst zum ersten Mal interessierten Bootsbauern auf der Ökologiestation an. Einzig einige Holzlatten hatte er bereits mit der Säge vorbereitet.
Männerwochenende und Teamwork am Boot
Drei Freunde ließen sich das nicht zwei Mal sagen. Sie machten aus dem Workshop ein Männerwochenende. Nur einer von ihnen ist seit 25 Jahren eine echte Wasserratte mit Freude am Paddeln und Sportbootführerschein. Die übrigen Freunde ließen sich von der Begeisterung anstecken. Das andere Team sind Vater, Sohn und dessen zwei Freunde. Gemeinsam hat man schon viel unternommen. Diesmal soll es das eigene Boot sein. „Der Workshop war einfach interessant“, sind sich alle vier einig. Wenn das Boot fertig ist, soll es auf der Lippe oder auf der Ruhr ausprobiert werden. Der Bau war nicht so schwer wie gedacht, aber auch bei weitem nicht so leicht. „Man braucht schon eine Anleitung – vieles muss nach Gefühl gemacht werden.“
Die Boote nehmen beide Teams mit nach Hause. Lange allerdings werden sie nicht halten, auch wenn LKW-Plane die wasserfeste Hülle bilden wird. „Die Boote aus Naturmaterialien sind meist nur für eine Saison zu verwenden“, erläutert Andreas Tilg. Der Vorteil: „Alles kann anschließend naturnah entsorgt oder recycelt werden.“ Gespannt waren alle, ob ihre Boote beim Praxistest auf der Lippe auch tatsächlich alle acht Teilnehmer über Wasser halten. Dafür gab es eigens eine Sondergenehmigung. „Bisher hat das immer geklappt“, verspricht Andreas Tilg.