A1: Brückenbau im Schnellverfahren lässt Verkehr schneller wieder fließen

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Pilotprojekt A1 Afferder Weg: Einheben der Hybridkappe. Foto: Straßen.NRW

Schneller bauen, weniger den Verkehr behindern – mit diesem Ziel testet Straßen.NRW an der A1 bei Unna erneut ein Verfahren, bei dem die Kernbauzeit um mindestens 180 Tage und damit um 40 Prozent verkürzt werden soll.

Seit November wird dort das Bauwerk Afferder Weg erneuert – im Schnelldurchlauf. 120.000 Fahrzeuge nutzen täglich diesen Streckenabschnitt, eine extreme Belastung auch für die Bauwerke. Der Einsatz von Fertigteilen verkürzt nun die Kernbauzeit, der Verkehr kann schneller wieder störungsfrei fließen.

Brückenerneuerungen im Zuge von Autobahnen sind ein schwieriges Thema. Gerade hoch belastete Strecken lassen sich nicht einfach sperren, eine Reduzierung der Fahrspuren ist nicht gewünscht. Aber selbst wenn alle Spuren in der Baustelle erhalten bleiben, sorgt die Verengung für stockenden Verkehr oder Stau. „Wir wollen, dass der Verkehr so gut wie möglich fließt“, sagt Straßen.NRW-Direktorin Elfriede Sauerwein-Braksiek. „Darum suchen wir stetig nach neuen Wegen, die Bauzeit und damit die Zeit der Beeinträchtigungen für die Verkehrsteilnehmer so weit wie möglich zu verkürzen.“ In Pilotprojekten wurden bereits unterschiedliche Verfahren getestet – bislang bei Brücken, die über eine Autobahn führen. An der A1 bei Unna verkürzt nun ein innovatives Verfahren erstmals die Bauzeit einer Brücke, die im Zuge einer Autobahn erneuert werden muss. Hier liegen die größten Herausforderungen der Zukunft.

Halbfertigteile im Einsatz
Die erste so genannte Bausteinbrücke ist im Sommer 2018 nach nur 100 Tagen Bauzeit an der A46 in Hagen freigegeben worden. Das Bauwerk über die Autobahn wurde fast komplett im Betonwerk hergestellt und dann vor Ort zügig montiert. „Ein Verfahren, das eine sehr hohe Genauigkeit bei den tonnenschweren komplexen Bauteilen erfordert“, erklärt Franz-Josef Fischer, Projektleiter Brückenbau bei der Straßen.NRW-Autobahnniederlassung Hamm. An der A1 setzt man darum nicht allein auf angelieferte Fertigteile, sondern betoniert zum Beispiel ein Teil der Widerlager vor Ort. „Dadurch sind wir etwas flexibler“, erklärt der Brückenfachmann die Vorteile der nun eingesetzten Halbfertigteile.

Hybridkappe spart Zeit
Neu an der A1-Brücke über den Afferder Weg ist, dass die sogenannte Kappe nicht mit Hilfe einer Holzverschalung hergestellt wird. Stattdessen wird ein Stahlblech als „verlorene Schalung“ eingesetzt, das dauerhaft im Bauwerk verbleibt. Das Brückengeländer, das üblicherweise erst nach Fertigstellung der Kappe montiert wird, kann hier bereits vor dem Einbau des Stahlblechs montiert werden. Kappen sind die äußeren Bauteile einer Brücke, die in der Regel nachträglich betoniert werden und auf denen Geländer und Schutzeinrichtungen montiert werden. „Wir sparen dadurch den An- und Abbau der Verschalung und auch das dafür notwendige Aufstellen eines Gerüstes“, erklärt Franz-Josef Fischer. Mit diesem Verfahren der Hybridkappe werden Sperrzeiten für die unten liegende Straße oder auch eine Bahnlinie eingespart. Gerade bei der Bahn ist man auf enge und fest terminierte Baufenster angewiesen. Da ist Schnelligkeit geboten, um ein Bauprojekt nicht insgesamt ins Stocken zu bringen. „Auch wenn der Kappenbau für den Autobahnverkehr nicht so relevant ist, können wir mit Blick auf kommende Projekte hier ein interessantes Verfahren testen.“

Regelwerk für Bausteine entwickeln
„Ziel auch dieses Projektes ist, künftig möglichst geometrisch einfache Bauteile zu entwerfen, die unter unterschiedlichen räumlichen Voraussetzungen eingesetzt werden können. Für solche Bausteine braucht es allerdings ein Regelwerk, das eine gleichbleibende Qualität der daraus erstellten Bauwerke garantiert. Unsere Pilotprojekte dienen auch dazu, Kenntnisse für die Fortschreibung des Regelwerk zu gewinnen“, sagt Elfriede Sauerwein-Braksiek. Am Ende könnte also ein „Bausteinkasten“ stehen, aus dem sich jeder Anwender die optimale Lösung für sein Bauwerk heraussuchen kann. Damit könnte nicht nur schneller, sondern auch effizienter gebaut werden. Denn derartige Bauteile lassen sich in Serie in gleichbleibender Qualität vorfertigen; unabhängig von der Baustelle und von Witterungseinflüssen.

Seit dem Wochenende (20./21.3.) laufen alle sechs Spuren auf der neu gebauten westlichen Brückenhälfte (Fahrtrichtung Köln). Nun beginnen die Abbrucharbeiten und der Neubau der östlichen Brückenhälfte. Ende November 2020 soll das Bauwerk „Afferder Weg“. komplett fertig sein.

Hintergrund
Vor Beginn der eigentlichen Brückenbauarbeiten standen folgende Arbeiten an:

* Kampfmittelsondierung und Vorarbeiten im Mittelstreifen
* Temporäre Fahrbahnverbreiterung für die Umlegung aller sechs Spuren auf das Teilbauwerk Richtung Bremen
* Bau von Mittelstreifenüberfahrten, um die Verkehrsführung einzurichten
* Einrichtung der neuen Verkehrsführung incl. mobiler Stauwarnanlage und CB-Funk Warnung
Diese Arbeiten wurden zwischen September und November 2019 ausgeführt. Die eigentliche Kernbauzeit für die Brückenbauarbeiten begann Ende November mit der Vollsperrung des Afferder Weges und dem Abbruch des Teilbauwerkes in Fahrtrichtung Köln.