Wer braucht schon Comedians, wenn es ein Bergkamener Publikum gibt? Beim letzten LOL der Kultursaison füllte sich das studio theater wieder bis auf den letzten Platz. Und die Zuschauer aller Altersklassen gaben alles, um den Hauptakteuren auf der Bühne den Rang abzulaufen. Die waren diesmal geballt mit vier Profis aus allen Ecken Deutschlands aufgelaufen. Aber auch ihnen fehlten punktuell die Worte, als Dirk, Lars und Co. aus dem vollen Bergkamener Leben griffen. Da halfen auch alle Rap-Songs, Penis-Fotos und Zauberkünste nichts.
Das Publikum tobte bereits, ohne dass ein Satz auf der Bühne gefallen war. Es hat sich längst herumgesprochen, dass es hier vom Kindergarten- bis zum Rentenalter Material genug für einen mehr als vergnüglichen Abend gibt. Entsprechend gut gelaunt zogen die Bergkamener ins studio theater ein. Es genügten auch die flachsten Schenkelklopfer vom rechten Haken als dünnen Nazi bis zum Traumberuf als angestellte Ansteller, um den Boden beben zu lassen. Mit Johann Theisen ging es schon gleich zu Beginn in ungeahnte Spaß-Abgründe, als er der den QSP Qualifizierten Spielplatzprüfer in einen nahezu wahnsinnigen Rap-Song mit tätowierter Schaukel auf der Brust verwandelte.
Lara Ermer holte das Publikum mit Psychologie-Abschluss und Tabu-Themen wieder etwas auf den Boden. Ihre abgeklärte Betrachtung von sexueller Inspiration in der Ikea-Deko-Abteilung und der Verbindung von psychischen Erkrankungen mit der Anfälligkeit für Rechtsextremismus hatten es dennoch verbal in sich. Bene Reinisch verarbeitete sein Leben mit Helikopter-Ärzte-Eltern als Wachkoma-Patient unter einem Dach und ließ sich dabei von Mama um 22 Uhr vom Punk-Protest abholen. Der Plan vom Politisches Kabarett ist für ihn jedenfalls einstweilen gescheitert: „Ich check’s nicht mehr – Ihr?“ Mit Daniel Storb gingen viele Bergkamener zum „Ablümmeln“ nach draußen und mussten im Zuge der „Niveauregulierung“ dafür die Quittung zahlen: Es gab gnadenlose Einblicke in die 80er-Jahre Kindheit mit Kettenrauchen im Auto auf der Südfrankreich-Reise und Golfkrieg-Erinnerungen.
Körperliche Schmerzen verursachte dann aber spätestens die „Rückrunde“ nach der Pause – diesmal ganz ungewohnt in der gleichen statt umgekehrten Reihenfolge. Der Dialog mit Tischler Lars aus dem Publikum, der Kunststoff-Fenster tischlert, die Sonne scheinen lässt, und mit Tattoos am Arm ein Handball-Trainer-Star ist, der auch den Müll rausbringt, grenzte fast an Irrsinn. Wenn daraus ein Rap-Song mit dem Nachnamen Schickentanz entsteht, erleidet der eine oder andere im Publikum schonmal akute Atemnot. Gut, dass danach ernsthaft über Erfahrungen auf dem Gynäkologen-Stuhl diskutiert wird – inklusive Fleiß-Sticker für die Klitoris und Muschi-Polonaise. Nachhaltige Startups und Klima-Ausflüge nach Malle erfordern dann dringend eine Zaubereinlage nach irrwitziger Selbstlern-Anleitung und eine Live-Moderation aus dem Swinger-Club, um wieder zu Atem zu kommen.
Keine Frage: LOL war diesmal fast gesundheitsgefährdend, die Lacher aus dem unteren Niveaubereich gingen hart an die Zwerchfell-Grenzen. Wenn Vorbestellungen möglich wären: Die nächste LOL-Saison wäre garantiert schon jetzt ausverkauft. Denn Spaß macht das Format rettungs- und hemmungslos. Die nächste LOL-Saison kann kommen! Bis dahin haben sich alle Lach-Organe wieder regeneriert.