Mehr als verdoppelte Strompreise machen auch jenen Kopfschmerzen, die aktuell Weihnachtsmärkte organisieren müssen. Deshalb hat der Verein der Oldtimerremise in Rünthe alle Lichterketten auf LED umgestellt – und das sind nicht wenige auf dem Gut Keinemann. Auch die Glühweinpreise konnte der Vorsitzende Thomas Albrecht in diesem Jahr noch halten. Das waren zum Glück die drängendsten Probleme – anders als noch im Vorjahr.
Damals gab es 2G-Regeln und beschränkten Einlass durch die Corona-Pandemie. Die spielte im 5. Jahr des Rünther Weihnachtsmarkts auf Gute Keinemann fast überhaupt keine Rolle mehr. „Wir haben jetzt endlich wieder deutlich mehr Besucher, die weitaus entspannter sind: Alle wollen endlich wieder etwas erleben“, hat Thomas Albrecht beobachtet. An den gut 30 Ständen war es schon von der ersten Minute an „richtig voll“. Ein Segen für den Verein, denn vor allem die gestiegenen Kosten an allen Ecken und Enden machen in diesem Jahr echte Probleme. Davon war jedoch vor und in den Scheunen nicht viel zu spüren.
Hier zeigten vor allem Bergkamener Aussteller, wie viel Kreativität sich in den Corona-Zwangspausen bei ihnen angehäuft hat. Wie bei Simon Claus. Der studiert eigentlich hauptberuflich Maschinenbau. Die von der Mutter als gelernte Schreinerin vererbte Leidenschaft für Laubsäge und Fräse betreibt er jedoch längst schon professionell in der eigenen Werkstatt. Dort entstehen wahre Kunstwerke als Schwipp- und Leuchtbögen. Auch mit viel Lokalcholorit. Der Opa war auf der Zeche, der Vater ebenfalls: Selbstverständlich verwandeln sich da alle Zechentürme von Haus Aden bis Grimberg in eine leuchtende Weihnachtslandschaft. „Mein Vater sagte: Mach mir mal Haus Aden“, erzählt der junge Künstler, „daraus sind inzwischen fast alle regionalen Zechen geworden.“ Und die Schippbogenkunst zu einer angemeldeten Profession.
Kreativität aus Bergkamen – und echte Handwerkskunst
Nur ein paar Buden weiter türmen sich alle erdenklichen Produkte, die sich aus Honig herstellen lassen. Handcremes, Lippenbalsam, Bier, Honigbäder: Unendlich scheint die Auswahl, für die 10 Overberger Bienenvölker schwer gearbeitet haben. Dazwischen Fleischprodukte in allen Varianten von den eigenen Hochlandrindern, die auf Overberger Weiden grasen. In der Scheune dahinter eine echte Rarität, die den Weihnachtsmarktbummel zu einem automobilen Erlebnis macht. Hier steht der älteste Oldtimer auf Gut Keinemann, ein Opel Roadster Baujahr 1927 – ein vergessener Kriegsfund, 18 PS eingemauert in einer Scheune, original restauriert.
Hier muss man schon genauer hinsehen, um in der Fülle der Attraktionen nichts zu verpassen. Selbstgemalte Bilder, Miniaturengelchen, große und kleine Weihnachtsgnome, Seifen in allen Facetten, historische Weihnachtsbaumanhänger aus Holz als Steckenpferd vor historisch verzierten Hörnern. Direkt daneben schärft der „Gratwandler“ im Rollstuhl wertvolle Damast-Messer aus Japan mit gehärtetem Kern, weicherer Klinge und kunstvollem Muster. Hier gibt es kein Messer, dessen Griff Stephan Blank nicht selbst gestaltet hat und zu dem es nicht eine Geschichte gibt. Das Santoku beispielsweise sieht gefährlich aus, ist aber für die 3 harmlosen Tugenden bestimmt: Fleisch, Fisch und Gemüse.
Das Zelt hat der Frühjahrssturm verweht. Das Café ist mit Waffeln und Kuchen in die Scheunen umgezogen. Schmuck aus Ton vor heimeligem Lagerfeuer zwischen historischen Treckern– selbstverständlich die meisten davon auch aus Bergkamen: „Es ist wundervoll, hier wieder das gleiche fröhliche Treiben beobachten zu können wie in den Jahren vor Corona“, ist Thomas Albrecht rundum zufrieden.