Neue neben alten Fußstapfen: In Rünthe enden mehrere Feuerwehr-Epochen

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„Die Türen, die von unseren Vorgängern geöffnet wurden, muss man erstmal anklopfen“, sagt Dirk Kemke, und Bernd Externbrink nickt zustimmend. „Wir treten in große Fußstapfen“, sind sich beide einig, als sie denen danken, deren Ämtern sie in fast einem Monat in der Wehrführung übernehmen werden. „Es sind neue Fußstapfen, das ist viel wichtiger“, erhebt sich Wehrführer Dietmar Luft noch einmal von seinem Platz und wischt sich eine hartnäckige Träne aus dem Augenwinkel. Es sind die ganz tiefen Emotionen, die sich jetzt Bahn brechen. Gerade hier in Rünthe.

Die alte Wehrführung mit ihren Nachfolgern, die neue Einheitsführung in Rünthe, Geehrte und Beförderte mit Vertretern aus Politik und Verwaltung.

Denn hier enden gleich mehrere Feuerwehrepochen auf einen Schlag. Wehrführer Dietmar Luft und sein Stellvertreter Ralf Klute verlassen die Wehrführung und nehmen mehrere Jahrzehnte Erfahrung und Engagement mit. Dirk Kemke und Bernd Externbrink ziehen sich aus der Einheitsführung in Rünthe zurück, um ab März offiziell als Wehrführer und stv. Wehrführer ganz neue Herausforderungen anzunehmen. Sie hinterlassen in Rünthe eine große Lücke von zusammen 37 Jahren Einsatz mit vollem Herzblut. Da gibt es natürlich eine stehende Ovation nach der anderen. Da muss sich nicht nur Dietmar Luft setzen, weil die Tränen jetzt richtig laufen – zumal es gerade erst einen Todesfall in seiner Familie gab. Auch bei den „Neuen“ zückt der eine oder andere das Taschentuch. Weil hier heute ein neues, wichtiges Amt angetreten wird, muss die Ehefrau allein ihren Geburtstag feiern. Feuerwehr ist eben mehr als nur ein Ehrenamt – es ist echte Leidenschaft.

Geschenke zum Abschied für die alte Rünther Einheitsführung und baldige neue Wehrführung: Dirk Kemke und Bernd Externbrink.

Die Blumen und das Mannschaftsbild zum Abschied lehnen an der Wand, als Dirk Kemke und Bernd Externbrink endlich durchatmen können. „Wir sind tatsächliche das älteste Führungsduo“, erinnern sich beide an die Anfänge. „Als wir hier in Rünthe in der Einheitsführung anfingen, stand gleich das 100-Jährige an.“ Seitdem haben beide mal eben ein komplett neues Gerätehaus, einen vollständig erneuerten Fuhrpark und personelle Rundumerneuerungen begleitet. „Da überlegt man schon länger, ob man einen neuen Schritt wagt – und wie es hier in Rünthe weiter geht.“ Weitergehen wird es mit einem Trio. Etwin Kramer (57) ist seit wenigen Minuten der neue Einheitsführer, Bernd Niehage (51) und Christoph Knuth sind seine frisch ernannten Stellvertreter. „Das wollten wir so, das ist die beste Lösung“, sagen sie. Die „stetig zunehmenden Aufgaben“ werden so auf mehrere Schultern verteilt – ohne „in Stein gemeißelten Zuständigkeiten“. „Ruckelfrei“ die Einheit Rünthe weiterühren, das will das neue Trio.

„Vollblutfeuerwehrleute“, das sind sie alle: Diejenigen, die gehen, und die „Neuen“. Dirk Kemke ist von den beiden Schwagern infiziert worden. Dass mitten im Beisammensein die Funkmeldeempfänger Alarm schlugen, die Schwestern ihre Ehemänner ins Auto luden und zum Gerätehaus jagten, war an der Tagesordnung. Er trat in den Spielmannszug ein, spielte hier die Trommel – und trat mit 17 ganz selbstverständlich in die aktive Wehr an. „Irgendwann war Feuerwehr dann eine echte Familienangelegenheit mit zeitweilig 11 aktiven Feuerwehrleuten – da reichte ein Auto nicht mehr aus, um zu den Einsätzen zu kommen.“ Bernd Externbrink besuchte ganz unschuldig einen Martinszug – und fand sich 1997 als Mitglied der Feuerwehr wieder. Zuvor hatte er sich schon von 1989 bis 1994 freiwillig bei der Werksfeuerwehr von Schering engagiert, danach wurde sie zum Beruf. Für beide ist Feuerwehr längst ins Blut übergegangen.

Vollblutfeuerwehrleute – in der alten und neuen Einheitsführung

Genauso wie für das neue Führungstrio der Rünther Einheit. Etwin Kramer zog die Neugier als Jugendlicher zur Jugendfeuerwehr in Opherdicke. „Dort bin ich kleben geblieben“, sagt er lachend, der im Hauptberuf in Rünthe bei der Perthes-Stiftung arbeitet. Die Rünther warben ihn dann 2008 ab. 42 Jahre Feuerwehrerfahrung bringt er mit in die Einheitsführung. Bernd Niehage, der beruflich im Vertrieb arbeitet, personifiziert die 3. Feuerwehrgeneration in seiner Familie – mit nicht weniger als 35 Jahren Diensterfahrung und einer Ausbildung in Unna. Christoph Knuth ist mit 34 Jahren der Jüngste im Trio. Er ist zwar in Rünthe aufgewachsen, aber erst über den Beruf zur Feuerwehr gekommen. Der Beruf ist die Feuerwehr: Die Berufsfeuerwehr in Dortmund.

Das Mannschaftsfoto als Andenken an mehrere Jahrzehnte vollen Einsatz in und für Rünthe wird sicherlich Ehrenplätze finden.

Neben so viel Persönlichem gab es aber noch Faktisches bei der Jahresdienstbesprechung. 125 Einsätze bewältigten die 38 Feuerwehrfrauen und -männer 2018 – im Vorjahr waren es noch 111. 1.431 Stunden lang waren sie im Einsatz, vor allem für immer mehr Menschen in Not und „kleinere Einsätze, wo sich niemand anders zuständig fühlt, angefangen vom Ölfleck unterm Auto bis zum Reh, das in den Kanal gestürzt ist.“ Auch in diesem Jahr sind die Wehrleute schon 20 Mal ausgerückt – sechs Mal öfter als noch im Vorjahr zu diesem Zeitpunkt. Häufig ging es dabei auch in die entferntere Nachbarschaft – wie zu einem brennenden Stoppelfeld in Iserlohn. Die Autobahnen direkt vor der Tür, ebenso der Kanal: In Rünthe gibt es die volle Bandbreite an Einsätzen. Insgesamt investierten die Rünther Wehrleute 7.500 Stunden Freizeit in allen Bereichen.

Nebenbei stemmte die Einheit noch Großereignisse wie den Kreisfeuerwehrtag mit Leistungsnachweis im Hafen oder die Teilnahme bei der Firefighter Challenge in Ense mit einem 8. Platz und der besten Frau im Teilnehmerfeld. Vom Fußballplatz und mit dem 4. Platz der Rünther Meisterschaft im Gepäck ging es dann auch schon mal im Fußballtrikot zum Einsatz.

Geehrt wurden Jürgen Kowalke und Heinz-Werner Lowak für 50 Jahre Mitgliedschaft in der Feuerwehr, für 40 Jahre Jürgen Hampel und Dirk Kemke. Befördert wurden Frederick Thomas, Nico Becker, Robin Franke und Ricarda Kelch zum/r Feuerwehrfrau/mann. Oberfeuerwehrfrau/mann dürfen sich jetzt Pia Bismark und Björn Koch nennen. Melina Saller ist jetzt Unterbrandmeisterin, Dirk Kemke Stadtbrandinspektor.

Das neue Einheitstrio übernimmt sofort die volle Verantwortung und wird als erstes ein neues Fahrzeug offiziell übernehmen, auf jeden Fall mit einer Feierlichkeit. Ende des Jahres steht dann noch die Glühweinparty auf dem Programm.