Zauberhafter Schlossbesuch mit einem Sandhauch aus Liebe

„So einen Kronleuchter müsste man mal zuhause haben“, meint ein Besucher und reibt sich frohlockend die Hände. Denn an dem überdimensionalen Lüster hängen durchaus attraktive menschliche Körper kopfüber im Tor des Stadtmarktes. Die Kerzen glimmen wahlweise in LED-Form auf ihren Köpfen oder als echte Flammen an ihren Füßen. Das Ambiente im Bergkamener Schloss war beim Lichtermarkt 2017 eben ganz stilecht.

Bezaubernd: Sandmalerei in der Elisabethkirche.

Funkelnde Rokokogestalten schwebten über den Stadtmarkt.

Ob im Schloss Sanssouci auch Flamingos mit Reitern am Alten Fritz vorbeistolzierten oder im Garten von Schönbrunn leuchtende Einhörner an Kaiserin Maria Theresia vorbeigaloppierten, mag dahingestellt sein. Tatsächlich türmte sich auch auf dem Kopf von Katharina der Großen wie auf den Häuptern der Stelzenläufer eindrucksvolle Frisurgebilde. Sandmalerinnen, die direkt vor dem Kirchen-Altar Liebesgeschichten mit rieselndem Zeichenmaterial zauberten, wird es zur Zeit des Rokokos allerdings eher nicht gegeben haben. Beim „Schlossbesuch“ des Lichtermarktes kam es auch weniger auf historische Detailgenauigkeit als auf den Zauber an. Und der sprühte rund um Stadtmarkt und Stadtwald farbenprächtig.

Einmal in eine Prinzessin verwandeln: Die Jugendkunstschule machte es möglich.

Layla und ihr Bruder Mehmet haben jedenfalls unendlichen Spaß dabei, sich die Rüschenkleider überzustülpen, die gepuderten Perücken aufzusetzen und sich in eine adlige Schlossgesellschaft zu verwandeln. „Das sieht ja verrückt aus“, meinen sie, zupfen sich an den blinkenden Knöpfen und verspielten Schleifen. „Ich fühle mich wie eine Prinzessin“, sagt das Mädchen und überprüft mit einem verträumten Blick in den Spiegel, ob auch alles gut aussieht. Denn schließlich wartet der Hoffotograf der Jugendkunstschule darauf, diesen Moment für die Ewigkeit festzuhalten. Ein paar Meter weiter fliegen ganz zarte Töne in die Baumwipfel hinauf. „Da ist wirklich zauberhaft“, kommentiert ein Ehepaar und hält sich an den Händen. Selkie Anderson mutet an wie ein Märchenwesen, wie sie dort in ihrem Zelt die Harfe spielt.

Berückende Töne und Überraschungen im Dunkeln

Ein Harlekin mit Fingerfertigkeit an musikalischen Gläsern.

Mancher lehnt den Kopf entrückt an die Schulter seines Begleiters, als der Harlekin im nächsten Zelt mit den Fingern Gläser zum Singen bringt. Die riesengroßen Bilderrahmen auf der Wiese laden zum Selfie der anderen Art ein und die kreiselnden Lichtflecken zu einem spontanen Tänzchen. Wenn es denn die Menschenmengen zulassen. Denn die sind stellenweise so dicht, dass schier kein Durchkommen ist. Es wird geschoben, gedrückt, gerempelt, um bis zur Cocktailbar vorzudringen. Wer im Dunkeln von einem der Strahler geblendet ist, der stolpert schon mal über einen überraschend auftauchenden Stein am Wegesrand oder über die Kabelbrücken mitten auf dem Weg. Auch die Seilbahn auf dem Spielplatz saust fleißig durch die illuminierte Finsternis und verfehlt manchen, der hier den Durchblick verloren hat und freies Durchkommen vermutet, um Haaresbreite.

Die Sandkünstlerin in Aktion.

Regelrechter Stress bricht aus, um einen freien Platz in der Elisabethkirche zu ergattern. Dass die Sandkünstlerin Ewa hier kleine Wunder vollbringt, hat sich herumgesprochen. Schon lange vor den eigentlichen Vorstellungen sind die Kirchenbänke randvoll. Doch der Kampf um ein freies Sichtfeld lohnt sich. Denn leicht wie ein Windhauch streut sie zwanzig Minuten lang nicht nur die Liebesgeschichte von Marcus und Julia, die sich am Bergkamener Gymnasium kennen lernen, dahin. Mit den Fingern zeichnet auch Lokalcholorit in den Sand auf dem Projektor, wenn beide endlich im Standesamt heiraten und anschließend die Holz-Erde-Mauer entdecken, in der Marina flanieren oder am Kanal entlangwandern.

Ein Kronleuchter aus akrobatischen Körpern.

Weihnachtsschmuck für den Tannenbaum gab es tatsächlich auch im Rokoko schon. Geschnitzte Kürbisgesichter und Spukgespenster für Halloween allerdings ganz sicher nicht. Auf einem Schlossmarkt dürfte es auch eher seltener Flaschenreiniger und Kirschkernkissen zu kaufen gegeben haben. Auch die globale Terrorgefahr war nicht so groß, dass Fahrzeuge die Hauptachsen blockieren mussten. Spannende Geschichten zum Mitmachen mit Lichterspielen in der verdunkelten Stadtbücherei, eigene Sandbilder zum Mitnehmen, geführte Touren zu den Lichtinstallationen: Auch der Stadtmarkt 2017 war ein Erlebnis für alle Sinne. Und der Andrang war – davon zeugt mancher blaue Fleck oder gequetschter Zeh – schlichtweg riesengroß.

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