Weddinghofener eröffnen die Adventszeit liebevoll unterm Mistelzweig
Mehr Gemeinsamkeit, mehr Zusammenhalt, mehr Toleranz und Miteinander: Das wünschen sich die Weddinghofener. Deshalb hing über dem Weihnachtsmarkt am Samstag auch ein symbolischer Mistelzweig, der genau dazu einlud. Einfach mal richtig küssen und sich gernhaben. Die Einladung nahmen alle wörtlich und posteten, was die Handies hergaben.
Was sich Christian Weischede vom Verein „Wir in Weddinghofen“ als Motto ausgedacht hatte, fiel auf mehr als fruchtbaren Boden. Das zeigten die riesengroßen faszinierten Augen eines jungen Paares, das Arabisch spricht und erst seit kurzem in Weddinghofen lebt. Die Tochter bekam vom Stockbrot gar nicht genug, die Mutter betrachtete hingerissen die Tattoo-Auswahl und der Vater beobachtete glücklich die vielen Kinder, die sich beim Basteln ausprobierten. Weihnachtsmarkt: So etwas haben sie noch nie gesehen. Das macht Spaß, auch wenn alles reichlich fremd ist. Und wenn die neue Heimat noch einige Probleme macht: „Ich warte noch auf einen Platz im Deutschkurs und hoffe sehr, dass ich bald als Automechaniker arbeiten kann. Das habe ich gelernt“, sagt der junge Vater.
So etwas wie den Mistelzweig, das Küssen und den Nikolaus mit dem Buch der „guten Taten“: Das will erstmal verstanden und verinnerlicht sein. Beim Weihnachtsmarkt auf dem Platz des ehemaligen Schulhofs vor dem kommunalen Integrationszentrum an der Schulstraße gab es jedenfalls auch für Neubürger das volle Weihnachtsprogramm. Auch die neuen Weddinghofener Einrichtungen machten mit: Die Kita am Grimberg verlieh ihren Lautsprecher. Eine frischgebackene Tattoo-Künstlerin bot ihre Künste zum verführerischen Weihnachtspreis an.
Mehr Vernetzung auch digital für Weddinghofen
Die Vernetzung wollen „Wir in Weddinghofen“ auch auf anderer Ebene verbessern: Seit Samstag gibt es einen eigenen WhatsApp-Kanal. Dort können die Weddinghofener übrigens noch bis Weihnachten zeigen, wie sehr sie sich mögen: Bis Weihnachten steht das „Love Portal“ mit dem Mistelzweig für Selfie-Liebesbeweise neben dem Weihnachtsbaum am Ehrenmal und lädt zum Mitmachen und Posten ein.
Die Kindergärten sangen, die Laien-Tänzer luden zum Mitmachen ein. 14 Stände waren um das große Lagerfeuer mit dem Stockbrotangebot aufgebaut – bestückt mit der Kreativität des Stadtteils. Da gab es selbstgenähte Klorollenhalter oder Taschentuch-Sofas beim Blauen Kreuz, Selbstgebastelten Weihnachtsschmuck, Eingemachtes, Leuchtendes und Glitzerndes. Und viele Leckereien in flüssiger und dampfend heißer festerer Form. Richtig beliebt war allerdings die Liege der Tätowiererin, wo sich viele leicht zittrig überwanden und lang gehegte Träume in der Haut verewigen ließen.
Viele machten sich aber auch Gedanken. „Wie soll das werden, wenn der Platz hier bebaut wird?“, fragte eine ältere Weddinghofenerin sorgenvoll Organisator Christian Weischede. „Wir kümmern uns drum, keine Sorge“, versprach er bezogen auf die Pläne, dass hier ein neuer Supermarkt entstehen soll. Mit Problemen kennt er sich aus. Auch beim Weihnachtsmarkt lief nicht alles glatt, weil einige Teilnehmer kurzfristig absagen und Ersatz gefunden werden musste. Die Krankheitswelle hinterlässt auch hier ihre Spuren. Dem Andrang tat das keinen Abbruch: Es war voll wie nie unterm Mistelzweig.