Viel Gesprächsstoff und Diskussionen beim IHK-Wirtschaftsgespräch

Warum nachhaltiges Datenmanagement wichtig ist, wie sich Russland-Sanktionen auch auf internationale Standortentwicklung auswirken könnten, und wie es um die Kreisstadt steht: Das Wirtschaftsgespräch Unna der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund (IHK) am 9. Mai bot einen Rahmen für viel Gesprächsstoff und Diskussionen und machte deutlich: „Unsere Wirtschaft ist seit drei Jahren im Krisenmodus – und es bleibt weiter viel zu tun“, wie IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber betonte. Was sich seit der Pandemie geändert hat und wo künftige Herausforderungen liegen, wurde an dem Abend aus mehreren Blickwinkeln erörtert. 

Sorgten für ein vielseitiges IHK-Wirtschaftsgespräch Unna (von links): Dirk Ramhorst, CIO beim Chemiekonzern Evonik Industries AG, IHK-Referatsleiter Dirk Vohwinkel, Unnas Bürgermeister Dirk Wigant, IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber, Andreas Tracz, IHK-Vizepräsident sowie Geschäftsführer K&K Networks GmbH, Ralph Breuer, Geschäftsführer Stromag AG, IHK-Pressesprecher Gero Brandenburg. Foto: IHK zu Dortmund/Oliver Schaper

Fast 90 Gäste begrüßte IHK-Vizepräsident Andreas Tracz und Geschäftsführer der K&K Networks GmbH im Hotel Katharinen Hof und nutzte die Gelegenheit, den neuen Regionalbetreuer der IHK für Unna vorzustellen: Künftig wird Gero Brandenburg, Leiter der Abteilung Kommunikation bei der IHK, den Unternehmerinnen und Unternehmern in Unna als direkter Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Und dass es an Gesprächsbedarf nicht mangelt, machte Tracz gleich zu Beginn deutlich: „Energiekrise, gestörte Lieferketten, Inflation, Fachkräftemangel – die Herausforderungen sind für uns auch nach der Corona-Krise nicht weniger geworden.“ Dennoch habe die Wirtschaft der Kreisstadt sich als robust erwiesen: Mit einer Insolvenzquote von 1,28 Prozent im Jahr 2022 stehe sie im Vergleich zum übrigen Ruhrgebiet mit durchschnittlich 1,66 Prozent deutlich besser da. 

 Diskussion um City-Verkehr 

Dirk Wigant, Bürgermeister von Unna, untermauerte dies mit weiteren Zahlen. Nahm die Stadt 2020 noch etwa 31 Millionen Euro an Gewerbesteuern ein, waren es 2022 bereits rund 46 Millionen Euro, und „auch das erste Quartal 2023 sieht sehr gut aus“. Beispielhaft nannte er einige Projekte, um zu zeigen, wie die Steuergelder zum Einsatz kommen: etwa mit einer neuen Grundschule am Hertinger Tor, die Ende 2024 fertiggestellt sein soll. Ebenso wolle die Stadt noch in diesem Jahr drei Kindergärten öffnen. Den Vorwurf, Unna tue zu wenig, um die Parksituation für Autofahrer in der Innenstadt zu verbessern, wies Wigant in einer Podiumsdiskussion zurück: „Innerhalb von 500 Metern können Sie von jedem Ort in der City ein Parkhaus erreichen.“ 

 Austausch zwischen Politik und Wirtschaft 

Es ist diese Art von Dialog zwischen Politik und Wirtschaft, die ihm wichtig sei und einen Kern der Arbeit der IHK ausmache, betonte Schreiber. Eine Zusammenarbeit, die gut und auf Augenhöhe laufe – trotz oft unterschiedlicher Standpunkte, wie sich jüngst vor allem im Hinblick auf die Energiepolitik gezeigt habe: „Als die IHK voriges Jahr mit der Politik im Austausch stand wegen der Energiekrise, hieß es, die Kernkraftwerke dürften aus verschiedenen Gründen nicht länger am Netz sein. Wir haben das gegenüber der Wirtschaft so kommuniziert. Dann hieß es plötzlich, die AKWs würden nun doch bis Ende April weiterlaufen.“  

 Das Thema Energie müsse vom Ende her gedacht werden, hob Schreiber hervor. „Das heißt für mich: einen klaren Plan zu haben, wie wir dauerhafte Versorgungssicherheit im Land herstellen können.“ Daher fordere er von der Politik mehr Geradlinigkeit und Perspektive, um „auf dieser Basis als IHK mit den Unternehmen in den Austausch gehen zu können, denn alles andere ist für mich fahrlässig“. Dies bedeute vor allem auch, Planungen zu beschleunigen und das Interesse Vieler vor das Interesse Einzelner zu stellen. 

 Junge Leute erreichen 

IHK-Referatsleiter Dirk Vohwinkel ging insbesondere auf die Ausbildungssituation ein. Im Zuge der Pandemie sei der Ruf laut geworden, Prüfungen aufgrund der erschwerten Lernbedingungen zu vereinfachen. „Wir haben uns seinerzeit bewusst dagegen entschieden – und das war richtig.“ Zum einen habe man so sichergestellt, dass das Ausbildungsniveau unterschiedlicher Jahrgänge vergleichbar bleibt, und „zum anderen waren die Prüfungsergebnisse insgesamt auf konstant hohem Niveau und damit also genauso gut wie in den Ausbildungsjahrgängen vor der Pandemie“. 

 Zugleich wies Vohwinkel darauf hin, dass der Druck auf die Unternehmen, Nachwuchs zu finden, weiter zunimmt. „Deswegen müssen wir dahin, wo die jungen Leute sich tummeln: in den sozialen Medien. Und wir müssen mit jungen Ausbildungsbotschaftern, die authentisch über ihre Erfahrungen berichten, in die Schulen gehen.“ Die IHK-Organisation habe daher jüngst bundesweit die Ausbildungskampagne „Jetzt #könnenlernen“ ins Leben gerufen. Vohwinkels Appell an die Unternehmen: „Nutzen Sie die Serviceangebote, die wir Ihnen machen!“ 

 Perspektivische Gefahren von Sanktionen 

Ralph Breuer, Geschäftsführer der Stromag AG aus Lünen, veranschaulichte, mit welchen Herausforderungen Unternehmen dieser Tage konfrontiert sind, die sich auf internationalem Feld bewegen. Die Stromag AG stellt Komponenten für Antriebstechnik her, die in vielen Bereichen Verwendung finden. Das technische Know-how ihrer gut ausgebildeten Fachkräfte, so Breuer, sei im internationalen Vergleich ein Vorteil deutscher Unternehmen. Doch genau dieser Vorteil sei in Gefahr: Aktuell etwa habe die Sanktionspolitik gegen Russland zur Folge, dass Drittländer nun Infrastrukturen aufbauen, um die Lücke zu schließen. Sollte sich die politische Situation wieder ändern, werde Deutschland es schwer haben, hier wieder Fuß zu fassen. Seine Warnung überdies: „China hat mittlerweile einen Stand erreicht, der über das bloße Kopieren hinausgeht.“ 

 Nachhaltigkeit in der IT 

Zu Denken gab auch der Beitrag von Dirk Ramhorst, CIO beim Chemiekonzern Evonik Industries AG: Das Thema Energiewende und Nachhaltigkeit müsse auch unter dem Aspekt des Datenmanagements betrachtet werden. „Jede Google-Suche verbraucht 0,3 Wattstunden. Ist aber jede Anfrage wirklich nötig?“, fragte Ramhorst provokant und nannte weitere Aspekte: Eine mehrere Jahrzehnte alte Festplatte verfügte demnach damals mit zehn Megabyte über ein Datenvolumen, das heute locker ein einzelnes Handyfoto benötigt. Mittlerweile gebe es eine Billion Gigabyte an Daten, von denen 90 Prozent erst in den vergangenen zwei Jahren entstanden seien – doch 50 Prozent davon würden gar nicht genutzt. Sein Rat: „Das Optimieren von Prozessen und ein energetischeres Arbeiten sind daher unerlässlich für eine Energiewende.“