Verwaltungsgericht Gelsenkirchen soll jetzt die Räumungsverfügung für die beiden Hochhäuser an der Töddinghauser Straße überprüfen

Mithilfe einer Klage vor dem Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen wollen jetzt Eigentümer und Mieter der beiden Hochhäuser Töddinghauser Straße 135/137 erreichen, dass sie wieder ihre Wohnungen nutzen dürfen. Bekanntlich hatte die Stadt Bergkamen am 15. Mai die Räumung des Gebäudes wegen erheblicher Brandschutzmängel verfügt.

Dabei wollen der Krisenstab der Bewohner und Eigentümer, aber auch der WEG-Verwalter, der Gutachter und die Anwälte die Räumungsverfügung auf einen „schwerwiegenden Fehler“ durch die Verwaltungsrichter überprüfen lassen. Außerdem sind sie überzeugt, dass durch die Räumungsverfügung der Stadt gegen die Paragrafen 13 und 14 des Grundgesetzes verstoßen wurde.

Der Paragraf 13 sichert den Bürgerinnen und Bürger die Unverletzlichkeit ihrer Wohnung zu. Allerdings lässt der Absatz 7 dieses Paragrafen Eingriffe und Beschränkungen zu, wenn eine Lebensgefahr für einzelne Personen besteht. Zu diesem Schluss sind unter anderem die Feuerwehr und der Brandschutzbeauftragte des Kreises Unna nach dem Brand in den benachbarten Turmarkaden am 10. Mai gekommen, Messungen haben eine hohe Konzentration des lebensgefährlichen Kohlenmonoxid in den beiden benachbarten Hochhäusern ergeben.

Der Paragraf 14 des Grundgesetzes sichert das Recht auf Eigentum zu. Im Absatz 2 heißt es aber auch: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Damit sich jeder selbst ein Bild von den beiden Paragrafen des Grundgesetzes machen kann, geben wir sie hier in ihrer aktuellen Version wider:

Art 13
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.
(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.
(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.
(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im Übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Art 14
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.