„Unfallflucht“ vor dem Sonnenstudio: Winziger Schaden – fetter Prozess
von Andreas Milk
Es gab einen Unfall – aber es gab keine Unfallflucht: So lässt sich das Ende eines Verfahrens heute vor dem Amtsgericht in Kamen zusammenfassen. Und: Es gab einen hohen Prozessaufwand – um einen Schaden, der kaum der Rede wert war.
Rückblende: Am Abend des 23. Februar 2016 hatte die damals 25-jährige Bergkamenerin Lena H. (Namen geändert) mit ihrer Freundin Kristin M. ein Sonnenstudio an der Hochstraße besucht. Jetzt saßen die beiden Frauen im VW Golf von Lena H., wollten den Parkplatz verlassen. Sie unterhielten sich, das Radio lief. In dieser Situation „passierte“ es. Der Golf schrammte an einem daneben geparkten Bully entlang. Die Frauen fuhren weg, ohne sich um die Sache zu kümmern.
Ein Fall von Fahrerflucht – wenn die beiden denn etwas von dem Unfall hätten merken müssen. Mussten sie aber nicht, sagte heute klar ein Sachverständiger. Der tat sich schon schwer, anhand der Polizeifotos überhaupt einen „richtigen“ Schaden am Bully zu entdecken. Krach und/oder Erschütterung beim Kontakt der Fahrzeuge dürften entsprechend geringfügig gewesen sein. Vollkommen glaubhaft sei daher die Beteuerung von Lena H. und ihrer Freundin, nichts von einem Unfall mitgekriegt zu haben.
Schon im Herbst hatte Amtsrichter Martin Klopsch über die Sache verhandelt – und eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße angeregt. Da zog aber die Staatsanwaltschaft nicht mit. Sie hielt es für wahrscheinlich, dass Lena H. sich schuldig gemacht habe. Es folgte die Bestellung des Sachverständigen.
Den muss nun – so Klopschs Kostenentscheidung – zu drei Vierteln die Staatsanwaltschaft zahlen, die Landeskasse also. Ein „hundertprozentiger“ Freispruch kam für Lena H. nicht bei dem Ganzen heraus. Wegen fahrlässiger Schädigung eines Verkehrsteilnehmers verurteilte Klopsch sie zu 35 Euro Buße. Letztlich bleibt damit ein kleiner Teil der Verfahrenskosten an ihr hängen.
Gefreut haben dürfte sich vor allem die Werkstatt, die den – beinahe unsichtbaren – Schaden am Bully reparierte. Die Rechnung betrug 1.927 Euro.